Wer Zweifel hatte, ob die SPD mit Peer
Steinbrück den richtigen Kandidaten gegen Angela Merkel ins Rennen
geschickt hat, wurde gestern im Bundestag eines Besseren belehrt. Das
erste Rededuell hat der Herausforderer gewonnen – und das, obwohl
auch Merkel eine ihrer besseren Reden gehalten hat. Es ist sicher
einfacher, aus der Opposition heraus zu kritisieren, als
Regierungshandeln rechtfertigen zu müssen. Deshalb hatte Steinbrück
in gewisser Weise den leichteren Job. Aber er hat den Finger sehr
präzise in die Wunde gelegt – ohne zu belehrend oder zu aggressiv zu
wirken. Merkel vollzieht bei der Eurorettung immer wieder 180-
Grad-Wendungen, ohne sie hinreichend zu erklären. Das ist ihre große
Schwäche. Mit einleuchtenden Erklärungen hat der SPD-Kandidat
eindeutig weniger Probleme – das macht ihn für Merkel so gefährlich.
Steinbrück pocht zudem auf simple Wahrheiten: Die Eurorettung ist
ohne frisches Geld nicht zu stemmen. Und Sparen alleine reicht als
Therapie nicht aus. Angela Merkel beweist ihre Beweglichkeit: Der von
ihr vorgeschlagene Wachstumsfonds geht auf einen SPD-Vorschlag
zurück. Diesen Fonds darf man getrost als Eingeständnis werten, dass
auch Merkel die begrenzte Wirksamkeit der Sparappelle begriffen hat.
Die Debatte im Bundestag zeigt, dass sich trotz des Wahlkampfs Union
und SPD in der Eurorettung recht nahe sind. So sind offenbar beide
Volksparteien dabei, ihre Anhänger auf die Notwendigkeit eines
dritten Hilfspakets für Griechenland einzustimmen. Auch die
SPD-Wähler werden dabei nicht nur hurra schreien. Auf Distanz in
diesem Bunde geht die FDP. Der neue Merkel-Kurs mit den Bekenntnissen
zu mehr Europa und zu mehr Solidarität führt bei den Liberalen zu
Missvergnügen. Wie Schwarz und Gelb hier noch auf einen Nenner kommen
wollen, ist ein ungelöstes Rätsel.
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