Das Nobelkomitee hat wieder einmal für eine
große Überraschung gesorgt. Die prestigeträchtigste Auszeichnung der
Welt geht an die Organisation für das Verbot chemischer Waffen
(OPCW). Eine durchaus überraschende Entscheidung des fünfköpfigen
Gremiums, denn auch die diesjährige Entscheidung drückt mehr Hoffnung
als Anerkennung für bereits geleistetes aus. Anlass für die
Preisvergabe ist der Einsatz der Chemiewaffenkontrolleure in Syrien.
Dort sollen sie das Todesarsenal von Präsident Baschar al-Assad
ausheben und vernichten. Eine wahrhaft gefährliche Mission, denn die
Arbeit findet mitten in einem Bürgerkrieg und zwischen dessen schwer
auszumachenden Fronten statt. Doch es wäre ein Irrglaube, dass Syrien
danach dem Frieden auch nur ein Stück näher gekommen wäre. Der Krieg
geht auch ohne Chemiewaffen weiter mit Ausrüstung, für deren
Nachschub Russland ebenso wie westliche Staaten sorgen. Auch die
Chemie für den tötenden Coctail stammt aus diesen Regionen. Auch
Deutschland hat Assads Giftmischerlabore beliefert, was die
vergossenen Krokodilstränen nach dem Überschreiten der von
US-Präsident Barack Obama ausgerufenen Roten Linie so wenig
glaubwürdig machte. Ohnehin ist die OPCW-Mission eher einem Zufall zu
verdanken, als ehrlichem Friedensengagement der USA oder Russlands.
Nur weil sich US-Außenminister John Kerry auf dem Höhepunkt der Krise
um einen militärischen Schlag der USA verplappert hatte, Assad könnte
einen Militärschlag abwenden, wenn er seine Chemiewaffen an die
internationale Staatengemeinschaft übergeben würde. Die Relativierung
misslang, weil der russische Außenminister Sergej Lawrow die Chance
nutzte und Assad zur Unterwerfung unter ein UN-Sicherheitsmandat
zwang. So betrachtet, hätte 2013 der Friedensnobelpreis allemal auch
Lawrov gebührt. Ohnedies ist der diesjährige Preisträger ein Wechsel
in die Zukunft. UN-Organisationen sind nur so stark, wie der
Sicherheitsrat es zulässt. Zudem sind die ständigen Mitglieder des
Gremiums alles andere als Saubermänner. So haben Russland und die USA
bei weitem noch nicht ihr immenses Chemiewaffenpotenzial vernichtet,
wozu sie sich vertraglich verpflichtet haben. Auch horten sie
Biowaffen, die sie der internationalen Kontrolle entziehen. So
betrachtet ist die OPCW ein zahnloser Tiger – ehrenhaft aber wenig
preiswürdig. Es gab andere Kandidaten, die die Auszeichnung verdient
hätten. Zuvorderst die mitfavorisierte pakistanische
Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai. Die 16-Jährige setzte sich
in ihrem Heimatland für die Bildung von jungen Frauen ein. Aus Rache
verübten Taliban-Kämpfer im Swat-Tal einen Anschlag auf Malala, die
dabei schwer verletzt wurde. Ihr Beispiel zeigt, dass Frieden ohne
Freiheit nicht viel wert ist. Die Reaktion der Taliban spricht Bände:
Sie habe nichts getan, womit sie die Auszeichnung verdient hätte,
sagte einer ihrer Sprecher. Das schlimme ist, dass das
Nobelpreiskomitee das wohl auch so sieht.
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