Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Klage gegen den Länderfinanzausgleich Sozialausgleich bleibt nötig HANNES KOCH

Bayerns Klage gegen den Länderfinanzausgleich
macht Eindruck. Horst Seehofers CSU-FDP-Regierung will mit Hilfe des
Bundesverfassungsgerichts die Ausgleichszahlungen des reichen Bayern
an arme Bundesländer wie Berlin kappen. Aber selbst wenn München
damit in einigen Jahren eine gewisse Reduzierung seiner Überweisung
erreichen sollte: Das grundsätzliche System des Sozialtransfers
zwischen den Regionen wird bestehen bleiben. Einerseits ist Bayerns
Klage verständlich. Der Grund: Nur Bayern, Baden-Württemberg und
Hessen – von einem winzigen Hamburger Beitrag abgesehen – zahlten
2011 rund 7,3 Milliarden Euro an die armen Verwandten im Norden und
Osten. Bayern allein überwies mit 3,7 Milliarden Euro die Hälfte und
finanzierte damit vor allem Berlin, das 3 Milliarden vereinnahmte.
Die Schieflage zwischen so wenigen Gebern und vielen Nehmern kann man
durchaus als ungerecht empfinden. Und das gegenwärtige System ist
teilweise paradox, basiert die Berechnung doch wesentlich auf den
unterschiedlichen Steuereinnahmen der Länder. Kaum eine Rolle spielt,
wofür die Nehmer das Geld ausgeben. Wer die muntere und
milliardenteure Repräsentationsbauerei in Berlin beobachtet, kann da
schon ins Zweifeln kommen. Aber das Grundgesetz schreibt vor, die
Finanzkraft der Länder teilweise auszugleichen. Die Polarisierung
zwischen Arm und Reich soll nicht zu groß werden. Deshalb wird eine –
womöglich renovierte – Form des Länderfinanzausgleichs selbst nach
2019 noch fortbestehen, wenn die augenblickliche Regelung ohnehin
ausläuft. Erreichen kann Bayern jetzt zwei Dinge: Die Karlsruher
Richter könnten die Überweisung aus dem Süden in den Norden um ein
paar hundert Millionen Euro reduzieren. Und die Klage könnte Anlass
sein, den Länderfinanzausgleich schneller als bislang beabsichtigt zu
novellieren.

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