Neues Deutschland: Hohn IV – Kommentar zum schwarz-gelben Vorhaben, die Prozesskostenhilfe für Hartz-IV-Klagen einzuschränken

»Die Reformen bedeuten nicht mehr Armut, sondern
mehr Chancen«, sagte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen zum
zehnten Jahrestag der Hartz-Gesetze. Für die meisten Betroffenen
klingt das wie purer Hohn. Dass sich die Arbeitsverwaltung zum
modernen Dienstleister entwickelt habe, »der sogar in die Schulen
geht, um präventiv gegen Arbeitslosigkeit zu wirken«, kann
Langzeiterwerbslosen, Minijobbern und Aufstockern bestenfalls ein
müdes Lächeln entlocken. Sicher, als »verkrustet« kann man den
Arbeitsmarkt zehn Jahre nach Hartz nicht mehr bezeichnen – heute gilt
eher das Motto »so viel Flexibilität wie möglich«. Allerdings mit
teilweise existenzbedrohenden Folgen für Arbeitende, Arbeitsuchende
und ganze Familien. Die Chancen für Langzeiterwerbslose, eine
unbefristete und fair bezahlte Stelle zu bekommen, sind so niedrig
wie nie; ältere Arbeitslose dürfen ebenfalls wenig Hoffnung haben,
mit einem neuen Job noch einmal durchzustarten. Dass die
Erwerbslosenzahlen im Vergleich zu 2005 gesunken sind, ist kaum auf
neu geschaffene Vollzeitarbeitsplätze, sondern vielmehr auf die
enorme Ausweitung des prekären Beschäftigungssektors und einige
statistische Tricks zurückzuführen. Unterm Strich bleiben stapelweise
Akten bei den Sozialgerichten und hunderttausende zerrüttete
Erwerbsbiografien. Ein Kommentator bezeichnete es dieser Tage als
größten Erfolg der Reform, der Welt gezeigt zu haben, dass
Deutschland zu großen Veränderungen fähig sei. Mehr Verachtung für
die Betroffenen geht kaum.

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