neues deutschland: Kommentar zu Algerien: Am Ende steht das Militär

Ein arabisches Sprichwort lautet: »Das Einzige, was
sich ändert, ist das Bild an der Wand.« Gemeint sind Ablichtungen der
langjährigen Präsidenten in Schulen und Cafés. Wenn dann einer stirbt
oder abdankt, wechselt man das Bild – der Rest bleibt wie gehabt. In
Algerien verzichtet Präsident Bouteflika auf ein fünftes Mandat. Er
ist alt, krank, und das Volk demonstriert seit drei Wochen. Doch
statt eines angebrachten Rücktritts soll es vorerst gar keine Wahlen
geben – sein Verzicht auf ein fünftes Mandat ist eine unbestimmte
Verlängerung seines vierten. Gleichzeitig hat er seinen Innen- zum
Premierminister befördert. Damit ist ein Mann für die
Regierungsbildung verantwortlich, der 2017 Demonstranten drohte,
Aufrührer mit »eiserner Faust zu schlagen«. Bouteflika versucht mit
diesen Schritten seine eigene Zukunft zu bestimmen. Die politische
Elite ist zurzeit genauso mit der Zukunft beschäftigt wie die
Demonstranten. Gesucht wird ein neues Gesicht, denn die wirkliche
Macht hinter dem Präsidenten besitzen andere – vor allem das Militär
ist unangefochten stark. Neuerdings zeigt es sich solidarisch mit den
Demonstranten, doch das Beispiel Ägypten lässt Schlimmes erahnen. Das
Militär spielte den gleichen Seitenwechsel – erst für, dann gegen
Mubarak. Nach seinem Sturz wurde klar: Die Macht wurde nie abgegeben.
Nur wenn sich die Demonstranten kompromisslos zeigen und keine
Täuschungsmanöver akzeptieren, wird dieses zynische Spiel scheitern.

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