Putzig ist es ja schon, wie verzweifelt die CDU
nach Wegen sucht, bei weltoffenen Wählern zu punkten, ohne ihre
stockkonservative Kernklientel zu verschrecken. Als großen Coup
verkaufte Unionschef Frank Henkel im Juni seine Idee einer
Mitgliederbefragung zur »Ehe für alle«. Er selbst machte nie ein Hehl
aus seinem Wunsch, die Vermählung zwischen Mann und Frau »weiter zu
privilegieren«. Durch den innerparteilichen Stimmungstest hoffte er
sich zugleich als toleranter Großstädter darstellen zu können. Mit
dem nun präsentierten Ergebnis ist das Kalkül des alten Schlawiners
aufgegangen: Wer zur Beantwortung einer simplen Entscheidungsfrage
sieben (!) Antwortmöglichkeiten auflistet, will ohnehin nichts
anderes erreichen als ein uneindeutiges Resultat. Seine seit Monaten
lancierte Botschaft kann Henkel nun weiter inbrünstig hinausposaunen,
ohne sein eigenes Weltbild zu hinterfragen: Sogar wir in der Union
debattieren über dieses einst sakrosankte Thema! Denn natürlich weiß
auch die CDU, dass sich die »Ehe für alle« eher früher als später
durchsetzen wird. Freundlichen Hardlinern wie Frank Henkel geht es in
diesem Prozess vor allem darum, die konservativen Kräfte zu bündeln –
und darum, den homophob-rechtspopulistischen Dunstkreis dabei
zumindest im Augenwinkel zu behalten.
Pressekontakt:
neues deutschland
Redaktion
Telefon: 030/2978-1715