Kommt es zur Diskussion über Gentechnik beim
Menschen, dann fällt schnell das Reizwort: Designbaby. Als Beleg für
die Horrorvorstellung eines nach Maß konstruierten Menschen wird
meist jener Fall in England herangezogen, wo Eltern unter mehreren
Embryonen den auswählten, der einen Gen-Defekt seines älteren Bruders
nicht aufwies, so dass das neue Baby Zellen zur Heilung eben dieses
Bruders spenden konnte. Tatsächlich ist die Instrumentalisierung
eines Menschen eine überaus fragwürdige Vorgehensweise, auch wenn
jene englischen Eltern ihr jüngeres Kind genauso lieben wie den
geheilten älteren Bruder. Man wünschte sich eine ähnliche
Sensibilität für die Gefahr der Verdinglichung des Menschen bei der
Debatte um Organspenden. Ob allerdings die Gegner einer
gentechnologischen Menschenzüchtung mit ihren Horrorszenarien ihrem
Anliegen einen Gefallen tun, darf bezweifelt werden. Medizin und
Genetik sind meilenweit davon entfernt, einen Menschen nach Maß zu
konstruieren. Denn erstens bestimmen die Gene nur einen Teil der
Eigenschaften des erwachsenen Menschen und zweitens versteht die
Wissenschaft auch zehn Jahre nach der ersten Entzifferung des
gesamten menschlichen Genoms nur einen winzigen Bruchteil des
gigantischen genetischen »Textes« in unseren Zellen. Erklärt man da
das »Designerbaby« zur realen Gefahr, dann wirkt das für Befürworter
eines Menschendesigns nur als willkommene Bestätigung.
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