Caritas-Präsident: Debatte um Obergrenze völlig
verfehlt
Neher warnt vor Brüskierung von Zugewanderten – „Laden
AfD-Politiker nicht zu Caritas-Veranstaltungen ein“
Osnabrück. Caritas-Präsident Peter Neher sieht im Dauerstreit um
eine Obergrenze ein falsches Signal an die bereits zugewanderten
Menschen. Im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag)
sagte Neher: „Ich halte die Debatte um die Obergrenze für völlig
verfehlt. Sie ist für diejenigen, die bereits hier sind und heimisch
werden wollen, die sich um eine Wohnung und Arbeit bemühen, eine
Brüskierung. Diese Menschen erleben eine Debatte darüber, dass man
sie hier eigentlich nicht will. Das ist weder ermutigend noch ein
Ansporn, in dieser Gesellschaft Fuß fassen zu wollen.“ Zudem gehe es
um ganz unterschiedliche Menschen, betonte Neher: „Da sind welche,
die persönlich verfolgt wurden und bei denen sich die Frage nach Asyl
stellt. Da kann ich nur noch einmal betonen: Asyl kennt keine
Obergrenze. Das Grundgesetz kennt keine Obergrenze.“
Darüber hinaus gebe es Flüchtlinge, die sich hier eine bessere
Zukunft erhofften. Für diese Menschen sollte es ein
Einwanderungsgesetz geben. „Nicht jeder findet hier Arbeit, auch wenn
er sich dies wünscht. Daher bin ich für ein Einwanderungsgesetz, das
die Bedingungen klärt. Allerdings nicht so, dass wir uns nur die
Besten abschöpfen.“ Denkbar sei, zugleich „eine zirkuläre, temporäre
Migration“ zu fördern, so Neher: „Es könnten beispielsweise Menschen
hier eine Ausbildung machen und qualifiziert werden, die später in
ihre Heimatländer zurückgehen. Das wäre eine Form der
Entwicklungszusammenarbeit.“
Mit Blick auf die Gespräche von CDU/CSU und SPD zu einer
gemeinsamen Regierungsbildung riet Neher den Verhandlungspartnern,
sich „auf die zentralen Themen“ zu konzentrieren und „uns kein
wochenlanges Schauspiel mit Winke-Winke-Fotos von Balkonen und
Ähnliches“ zu bieten. „Die Zeit der Kuschelrunden ist vorbei. Jetzt
geht es darum, ob man zusammenkommt“, sagte Neher. Die Forderungen an
eine neue Bundesregierung würden weiterhin gelten, betonte der
Caritas-Präsident. „Hier sind zu nennen die Stichworte Bekämpfung der
Kinderarmut, Prävention der Altersarmut, die Frage, was wir gegen
Langzeitarbeitslosigkeit tun, die Schaffung eines
Einwanderungsgesetzes mit vernünftigen Modalitäten und letztlich für
mich die zentrale Frage, wie gesellschaftliche Spaltung überwunden
werden kann.“
Zum Umgang mit der AfD und ihren Vertretern in den Parlamenten
sagte Neher: „Sie sind demokratisch gewählt, also werden wir mit
ihnen in ihrer Abgeordnetenrolle reden. Aber wir werden sie nicht zu
Caritas-Veranstaltungen einladen. Es gibt eindeutig nationalistische,
rassistische, menschenfeindliche Äußerungen aus den Reihen der AfD,
und da gibt es dann auch keine Gespräche.“ Der Erfolg der AfD sei nur
zum Teil der Sorge um die Heimat zuzuschreiben; ein anderer und
vermutlich nicht weniger wichtiger Grund sei „ein allgemeiner Unmut
über die politisch Verantwortlichen“, erklärte Neher. „Ich habe
deshalb kein Interesse daran, AfD-Politiker zu Märtyrern verweigerter
Kommunikation zu machen.“
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