Es ist der jungen Frau, die nach dem Hammer
Gerichtsurteil nun endlich den Namen ihres Vaters erfahren darf, von
Herzen zu wünschen, dass sich ihre Sehnsüchte und Hoffnungen
erfüllen: dass ein Mensch wissen will, woher er kommt, von wem er
genetisch abstammt, ist nicht mehr als natürlich, und dem trug das
Oberlandesgericht Rechnung. Eine Garantie, dass diese Kenntnis
glücklich macht, aber gibt es nicht.
Dass der bislang anonyme Mann, der vor 22 Jahren seinen Samen
spendete, darüber jähe Vaterfreuden empfinden wird, darf
ausgeschlossen werden. Er hat – ob aus Geldnot oder schierer
Nächstenliebe – seine Samenzellen gespendet im Vertrauen auf die
zugesicherte völlige Wahrung seiner Anonymität.
Trotz des Urteils bleibt hier ein juristischer Graubereich. Klar
ist immerhin, dass verrückt oder sträflich leichtsinnig sein muss,
wer jetzt noch Samen spendet. Und damit stellen sich nicht nur dem
beklagten Essener Mediziner Fragen: Wird er, weil im Extremfall
Zwangsgeld und Zwangshaft drohen, den Namen schließlich doch
preisgeben? Und wird er dann seine Praxis noch weiter betreiben
können?
Und grundsätzlicher: Können und werden die nach Jahren gegen ihren
Willen offenbarten biologischen Väter zu Unterhaltszahlungen
verpflichtet und künftig behandelt wie Rabenväter, die ihre Kinder
und Familien im Stich ließen? Oder wird, wie in anderen Ländern
bereits Praxis, der Samenspender vom Gesetzgeber hundertprozentig
vor Unterhalts- und Erbansprüchen geschützt? Werden hier, um
einzelne Biografien zu heilen, andere Biografien zerstört? Bedeutet
das Urteil faktisch das Ende der künstlichen Befruchtung in
Deutschland und damit das Ende aller Hoffnungen für Tausende von
ungewollt kinderlosen Paaren?
Alle diese Fragen werden demnächst vor Gericht geklärt werden
müssen.
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