NRZ: Politiker auf dünnem Eis – Kommentar zum Fall Annette Schavan

Keine Frage: Annette Schavan muss und wird von ihrem
Amt als Bildungsministerin zurücktreten. Ihr Ruf in der akademischen
Welt ist beschädig – ganz gleich, was am Ende der juristischen
Auseinandersetzung steht; die sie, ganz nebenbei, gegen eine ihr von
Amts wegen unterstellte Institution führt. Der anstehende Wahlkampf
und die hohen moralischen Ansprüche, die Schavan in der Causa
Guttenberg formuliert hat, werden ihr Übriges tun, damit CDU und CSU
in den nächsten Tagen oder Wochen von ihr abrücken – selbst ihre
Chefin und enge Vertraute, Kanzlerin Merkel, die auch in solch
heiklen Personalfragen Pragmatikerin ist.

Doch es kommt nicht von ungefähr, dass selbst die politische
Konkurrenz sich sehr zurückhält. Schavan hat einen passablen Job
gemacht, gilt als integer. Guttenbergsche Arroganz und Borniertheit
sind ihr wesensfremd. Ihr Fall zeigt aber vor allem, auf welch
dünnem Eis sich Politiker mittlerweile bewegen. Nahezu jeder
Fehltritt hat größtmögliches Erregungspotenzial; dreißig Jahre
zurückliegende Verfehlungen können Amt und Karriere kosten. Und da
draußen gibt es offenbar eine Menge Menschen, die sich mit Akribie
und Ausdauer auf die Suche nach solchen Verfehlungen machen. Manch
einem wird es darob schaudern.

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