Auf den Verfassungsrichtern lastet eine
Verantwortung wie nie zuvor. Geben sie den Eilanträgen gegen den
Rettungsschirm ESM statt, würden sie die Kanzlerin auf
internationaler Bühne demontieren und die Währungsunion erschüttern.
Daher ist es das Recht und die Pflicht der Richter, alle Argumente
sorgfältig zu wägen. Wollen sie sich dafür aber wirklich, wie gestern
angedeutet, monatelang Zeit nehmen, verkennen sie den Ernst der Lage.
Die Euro-Rettung ist kein abstrakter Disput für Gelehrte der
Jurisprudenz, sondern konkreter Katastrophenschutz. Ohne das Geld der
Deutschen kann der ESM nicht starten. Damit wäre offen, woher Ende
Juli die Hilfe für Spanien kommt; vor allem wäre kein Geld da, um
Italien vor einer Pleite zu bewahren. Diese könnte schneller kommen
als erwartet, wie Italiens Premier Monti gestern erstmals öffentlich
deutlich machte. Die Richter würden vielen Bürgern aus dem Herzen
sprechen, wenn sie Merkels Euro-Kurs stoppten. Doch was viele gern
vergessen, Karlsruhe aber nicht vergessen darf: Die Euro-Rettung
wurde nicht diktiert, sondern von der großen Mehrheit des vom Volk
gewählten Bundestages beschlossen. Und bei aller berechtigten Kritik
an den Umständen, unter denen der ESM verabschiedet wurde: Gerade
Deutschland hat gute wirtschaftliche und politische Gründe dafür, das
europäische Projekt nicht sterben zu lassen.
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