Rheinische Post: Schicksalswahl

Ein Kommentar von Birgit Marschall:

Nicht die Wahl in Griechenland entscheidet über die Zukunft des
Euro, sondern die nächsten Schritte der Mächtigen in Europa in den
Wochen danach. Egal, wer am Sonntag gewinnt: Europa darf sich von
keiner neuen griechischen Regierung erpressen lassen. Entstünde in
anderen hilfebedürftigen Ländern oder an den Finanzmärkten der
Eindruck, Reformauflagen und Verabredungen ließen sich beliebig
dehnen, wäre es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Euro endgültig
verloren ist. Europas Krisenmanager stehen vor einem Dilemma: Bleiben
sie kompromisslos, droht Griechenland in wenigen Wochen die
Staatspleite mit unabsehbaren Folgen in dem Land und in den anderen
von der Pleite bedrohten Euro-Ländern. Schon jetzt ist klar, dass
Athen manches Reformgesetz zwar beschließt, anschließend jedoch nicht
umsetzt. Allein dies müsste zumindest beim Internationalen
Währungsfonds (IWF) den Stopp weiterer Zahlungen auslösen. Wieder
kommt es entscheidend auf die Kanzlerin an. Merkel hat schon einmal
Unmögliches möglich gemacht und Dilemmata aufgelöst. Es geht
womöglich so: Die EU gewährt Athen zwar keine grundlegende Änderung
des Anpassungsprogramms, jedoch technische Lockerungen wie längere
Kreditlaufzeiten.

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