Zum Demokraten wird man nicht über Nacht, und
schon gar nicht, wenn man einem Diktator jahrzehntelang treu gedient
hat. Das lässt sich jetzt auch im Fall der ägyptischen Generalität
beobachten. Die Armee, beim Sturz Mubaraks noch vom Volk bejubelt,
ist dabei, eine Militärjunta zu installieren. Statt wie versprochen
den Weg in die Demokratie zu organisieren, versuchen die Generäle
ihre Macht zu zementieren. Dafür sind alle Mittel recht. Proteste
werden brutal unterdrückt, Kritiker als Agenten des Auslands
diskreditiert und zu Tausenden vor Militärgerichte gestellt. Der
Traum von Freiheit und Selbstbestimmung, den gerade viele junge
Ägypter geträumt haben, wird schmählich verraten. Demokratie
bedeutet, dass das Volk entscheidet. Auf diese Regel muss man auch
gegenüber den Militärs am Nil pochen. Schon bemühen die Generäle
wieder das islamistische Bedrohungsszenario, mit dem sich bereits ihr
einstiger Gönner Mubarak dem Westen gegenüber gegen jede Form der
Lockerung sperrte. Wir dürfen den Machthabern in Kairo jetzt nicht
ein zweites Mal auf den Leim gehen. Auch bei der Wahl im benachbarten
Tunesien haben islamistische Parteien unlängst die meisten Stimmen
geholt – von einem Gottesstaat ist trotzdem keine Rede.
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