Rheinische Post: Vertrauen und Kontrolle

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur
Attestpflicht im Krankheitsfall klingt juristisch schlüssig,
folgerichtig, nachvollziehbar. Ob es arbeitslebenspraktisch ist, darf
bezweifelt werden. Die Arbeitnehmer-Pflicht, krankheitsbedingtes
Fehlen am Arbeitsplatz glaubhaft zu machen, ist die Kehrseite jener
Medaille, deren Vorderseite die Pflicht des Arbeitgebers zur
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall beschreibt. Das verräterische Wort
vom Krankfeiern (Wie kann man etwas Unschönes feiern?) deutet auf die
Übung einer listigen Minderheit: „Unwohlsein“ an Wochenend-nahen
Werktagen. Hier muss bittere „Arznei“ her, denn Vertrauen ist gut,
Kontrolle aber besser. Unklugheit schimmert durch das Urteil, weil es
mehr kränkelnde Arbeitnehmer an Tag eins etwa eines heraufziehenden
Infekts in die Keim-Zellen namens Wartezimmer verweisen könnte, wo
zwei Tage daheim mit bewährten Hausmitteln gut täten. Und ist dem
Arbeitgeber wirklich damit geholfen, wenn die
Arbeitsunfähigkeits-Prognose aus ärztlichem Selbstschutz großzügig
befristet wird?

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