Nein, Orban hat nicht recht. Die Flüchtlinge,
die in Europa Schutz suchen, sind kein deutsches Problem, sondern
eines, das alle Mitgliedsländer der Europäischen Union angeht. Die
Flüchtlinge sind aber auch kein italienisches, griechisches oder
ungarisches Problem. Deshalb muss das Dublin-Verfahren, das lediglich
für politische Schönwetterphasen geeignet ist, außer Kraft gesetzt
werden. Die Spatzen pfeifen es inzwischen von den Dächern, dass diese
Regelung nicht geeignet ist, um die Flüchtlinge gerecht auf alle
EU-Staaten zu verteilen.
Aber anstatt an einer klugen Lösung mitzuarbeiten, provoziert
Orban die anderen Regierungschefs wahlweise von zu Hause aus oder nun
in Brüssel. Je nach Laune lässt er Tausende Flüchtlinge unregistriert
passieren oder unversorgt kampieren. Das Chaos, das er damit
anrichtet, ficht ihn nicht an. Dass sich ein europäischer
Regierungschef derart aufspielen kann, ist eine Schande für die EU,
weil sie ihm nicht Einhalt gebietet. Bislang erscheint es so: Orban
nimmt die großzügig gewährten Milliarden aus Brüssel, um sein Land
voranzubringen, und tanzt gleichzeitig den Geldgebern auf der Nase
herum. Wieso sich die anderen Staats- und Regierungschefs das
gefallen lassen? Vielleicht weil den meisten von ihnen der Erhalt der
EU in ihrer jetzigen Form so wichtig ist, dass sie dafür selbst
irrwitzig agierende Politiker wie Orban in Kauf nehmen.
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