Peer Steinbrück hat es geschafft. Er hat seine
Genossen mit einer brillanten Rede auf dem SPD-Parteitag überzeugt.
Die Sozialdemokraten befinden sich nicht mehr in tiefer Verzweiflung
im roten Bereich, sondern sie schweben jetzt auf einer rosa Wolke.
Sie haben sich mit ihrem Spitzenkandidaten versöhnt. Vorerst, muss
man hinzufügen. Denn Peer Steinbrück wird mit besonderen
Schwierigkeiten kämpfen müssen.
Der großbürgerlich aufgewachsene, intellektuell scharfe und oft
kühl analysierende Politiker soll einen Wahlkampf führen, der so gar
nicht auf ihn zugeschnitten zu sein scheint. Er will auf eine neue
soziale Wärme setzen. Eine Stoßrichtung, die leichter von
SPD-Politikern wie Hannelore Kraft verkörpert werden könnte. Doch
Steinbrück hat die Kurve elegant genommen. Er beruft sich auf Willy
Brandt, wegen dessen Friedens- und Freiheitsvorstellungen er einst in
die Partei eingetreten sei. Steinbrück definiert Freiheit als soziale
Aufgabe. Freiheit, die es nur dort geben könne, wo Gemeinsinn
herrsche.
Deshalb fordert er Mindestlohn und Frauenquote, mehr Geld für die
Pflege, ein neues soziales Gleichgewicht und höhere Steuern für
Spitzenverdiener. Das sind Forderungen, die bis weit in die Mitte der
Gesellschaft Unterstützung finden dürften, gerade in wirtschaftlich
schwieriger werdenden Zeiten. Heikler wird es sein, die
Europabegeisterung jenseits seiner Partei zu wecken. Auch hier
versteht sich Steinbrück als Brandts Erbe, der aus Deutschland ein
Volk der guten Nachbarn machen wollte.
Die größte Schwierigkeit aber wird Steinbrück damit haben, die
populäre Kanzlerin Angela Merkel zu überrunden. Viele Wähler haben
Merkel und ihren Finanzminister Steinbrück aus den Zeiten der Großen
Koalition noch in guter Erinnerung und würden eine Neuauflage dieses
Bündnisses begrüßen. Ohne mich, hat Steinbrück gestern gesagt, und
damit fast den größten Beifall des Parteitags errungen. Nach
derzeitigem Stand aber könnte genau das von ihm verlangt werden.
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