Stuttgarter Zeitung: Steinbruch des Finanzministers / Kommentar zu Kürzungen des Bundeszuschusses an den Gesundheitsfonds

Eigentlich glaubte man, die Politik habe aus
einem kapitalen Fehler des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl
gelernt. Der finanzierte nach dem Fall der Mauer einen Großteil der
gesamtgesellschaftlichen Vereinigungslasten aus den Sozialkassen. Die
fatale Folge war, dass zum einen Rentenversicherung und Krankenkassen
in Schieflage gerieten. Zum anderen erwies sich die besondere
Belastung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern als wirtschaftlicher und
sozialer Sprengstoff.

Die Überlegungen von Finanzminister Schäuble, seinen Etat mit
weiteren zwei Milliarden aus dem Gesundheitsfonds zu sanieren, sind
ordnungspolitisch nicht weniger falsch als damals. Denn der
Staatszuschuss zur Krankenversicherung dient der Finanzierung von
versicherungsfremden familienpolitischen Leistungen. Wenn die
Bundesregierung sie nicht mehr für finanzierbar hält, soll sie es
klar sagen und die Leistungen kürzen. Doch das trauen sich Merkel und
Schäuble nicht im Wahljahr. Lieber tut man so, als sei alles hübsch
in Ordnung, und benutzt gleichzeitig den Gesundheitsfonds als
Steinbruch. Dagegen sollten sich die Beitragszahler wehren, denn
Schäubles Schulden sind nicht die Schulden von Arbeitgebern und
Arbeitnehmern, sondern die aller Bürger.

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