Südwest Presse: KOMMENTAR zu·ASYLBEWERBER Ausgabe vom 25.07.2012

KOMMENTAR zu· ASYLBEWERBER

Ausgabe vom 25.07.2012 Aufgezwungener Nachhilfeunterricht ist
nicht angenehm – auch nicht für Politiker in Berlin. Doch die müssen
sich in jüngster Zeit mehrere Lektionen erteilen lassen: Wieder geht
es um die Behandlung von Asylbewerbern. Die EU will diesen eine
schnellere Arbeitsaufnahme ermöglichen. Mit dem Vorstoß fährt Brüssel
der Bundesregierung in die Parade. Berlin setzt bisher auf
Abschreckung – lange über die finanzielle Schiene, indem es die
finanziellen Leistungen auf verfassungswidrigem Niveau beließ -, dann
aber auch über Hürden bei der Beschäftigungsaufnahme. Asylbewerber
sollen warten, mindestens zwölf Monate lang, bis sie Arbeit suchen
dürfen. Für manchen ist da der Absturz in die Resignation bereits in
vollem Gang. Schließlich ist auf ein Überleben im Wartestand kaum ein
Flüchtling eingestellt. Man muss sich keine Illusionen machen:
Jobangebote für schlecht oder gar nicht deutschsprechende
Asylbewerber gibt es nicht in Massen. Hat ein Flüchtling aber das
Glück, legale bezahlte Arbeit zu finden und selbst zu seinem
Lebensunterhalt beitragen zu können – warum in aller Welt sollte man
ihn dann daran hindern? Nur aus Schikane? Eigener Broterwerb ist ein
zentrales Element der Menschenwürde. Arbeit stärkt das
Selbstwertgefühl, gibt dem Tag eine Struktur, sorgt für Kontakte und
hilft so auch beim Ankommen in einem fremden Land. Und sie entlastet
nebenbei noch die Kassen der Kommunen, die für Asylbewerberleistungen
aufkommen müssen. Das alles hat die Bundesregierung bisher ignoriert.
Wie gut, dass es in diesem Fall Nachhilfeunterricht aus Brüssel gibt.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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