Südwest Presse: Kommentar zu Atomklagen

Konzernchefs sind in erster Linie verpflichtet, die
Interessen der Aktionäre zu wahren, und nicht politische Ziele zu
verfolgen. Daher kann es nicht verwundern, wenn Eon und RWE
Schadenersatz in Milliardenhöhe für den Atomausstieg einklagen
wollen. Mussten sie doch viel Geld abschreiben, nachdem sie noch
wenige Monate zuvor im Vertrauen auf die Verlängerung der Laufzeiten
hohe Investitionen angeleiert hatten. Vattenfall dürfte rasch folgen.
Bei ENBW als viertem Kraftwerksbetreiber ist das Thema besonders
pikant angesichts der Beteiligung des Landes Baden-Württemberg und
der grün-roten Landesregierung. Aber jeder Aktionär könnte sonst den
Vorstand verklagen, dass er nicht die Interessen der Eigentümer
verfolgt. Auf die Klage verzichten könnten die Konzerne nur, wenn es
keine Erfolgsaussichten gäbe – dann würden sie unnütz Millionen für
Rechtsanwälte verbrennen. Doch beim hastigen Atomausstieg wurden auch
nach Einschätzung wohlwollender Beobachter schwere Fehler gemacht.
Dass die Regierung behauptet, das Atomgesetz sei völlig
verfassungsgemäß, heißt gar nichts: Zu häufig wurde sie – egal unter
welcher politischen Konstellation – von Karlsruhe eines Besseren
belehrt. Die Gefahr ist groß, dass die Klagen zumindest zum Teil
Erfolg haben. Die Dummen sind die Bürger: Sie müssten dann zweimal
zahlen, den Schadenersatz und steigende Strompreise. Das wäre höchst
ärgerlich.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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