Südwest Presse: Kommentar zur KOALITION

Im Moment kommt es ziemlich dick für Angela Merkel.
Erst kündigt ihr die FDP bei der Kür des künftigen Bundespräsidenten
die Gefolgschaft, dann weicht der CSU-Innenminister vom
Regierungskurs zur Griechenland-Hilfe ab, schließlich verfehlt die
Koalition zum ersten Mal die Kanzlermehrheit bei einer wichtigen
Abstimmung. Und einen Tag darauf folgt noch der Rüffel aus Karlsruhe
für den Geheimausschuss des Bundestages zur Euro-Rettung. Das nennt
man wohl eine veritable Serie schmerzlicher Schlappen. Dennoch wäre
es verfrüht, nun das baldige Ende von Schwarz-Gelb zu verkünden. Das
Bündnis zeigt Risse, wohl wahr, auch die Autorität der
Bundeskanzlerin hat erkennbar gelitten. Der Vorrat an
Gemeinsamkeiten, gleichsam der Kitt jeder Koalition, ist
überschaubar, die Akteure – einschließlich der Chefin – wirken
erschöpft. Trotzdem werden sich Union und FDP zusammenraufen, denn
was eine vorgezogene Neuwahl bringen würde, ist für beide Seiten nur
schwer kalkulierbar. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
freilich macht das Regieren für Angela Merkel noch ein bisschen
problematischer. Sie muss öfter, als ihr lieb sein kann, ausreichende
Mehrheiten für höchst unpopuläre Maßnahmen zum Euro-Rettungsschirm
organisieren. Das ist gut für die parlamentarische Demokratie, aber
mit erheblichen Risiken behaftet für eine Regierungschefin, deren
Rückhalt im eigenen Lager bröckelt.

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Lothar Tolks
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