Wenn der Bundestag über Fragen von Leben und Tod
entscheiden muss, handeln Abgeordnete nicht nur als Gesetzgeber,
sondern berufen sich ausdrücklich auf ihr Gewissen. Zwar sollten
moralische Maßstäbe prinzipiell für alle Beschlüsse gelten, die das
Parlament zu treffen hat, aber für Grenzbereiche von medizinischer
Praxis und menschlicher Existenz sind sie unabdingbar. Nun haben die
Volksvertreter in diesen Fällen selten genug die Wahl zwischen guten
und bösen Normen, richtigen und falschen Regelungen. Auch die beste
wissenschaftliche Beratung und das zwingendste Werturteil verschaffen
häufig eben keine eindeutige Klarheit. Für die einen ist die
befruchtete Eizelle in der Petrischale schon ein menschliches Wesen,
ein Individuum mit unveräußerlicher Würde, für andere nicht. Beide
Positionen sind haltbar und verdienen den Respekt auch von jenen, die
sie nicht teilen. So war zu erwarten, dass sich der Bundestag auf
einen Kompromiss verständigt, der den Bedenken gegen die
Präimplantationsdiagnostik Rechnung trägt, aber den Zugang zu dieser
umstrittenen Methode nicht dauerhaft versperrt. Es kommt jetzt auf
die strikte Einhaltung der Auflagen und Kontrollen an, ob wir in ein
paar Jahren von einem verhängnisvollen Dammbruch sprechen müssen oder
von einer Entwicklung, die das Vertrauen der Parlamentsmehrheit in
verantwortliche Ärzte und Eltern nachträglich rechtfertigt.
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Lothar Tolks
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