Südwest Presse: Kommentar zur Tarifrunde

Viel Lob von allen Seiten hatte es 2010 für den
Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie gegeben. Er war
geprägt von Lohnzurückhaltung, im Mittelpunkt stand die Sicherung von
Arbeitsplätzen. Auch diesem Pakt haben es Autobauer,
Maschinenhersteller & Co. zu verdanken, dass die meisten von ihnen
die Krise nahezu mit Bravour meisterten – und nun wieder aus dem
Vollen schöpfen können. Einen Fehler hatte die IG Metall allerdings
damals gemacht: Sie ließ sich auf eine lange Vertragslaufzeit von
nahezu zwei Jahren ein, ohne Nachverhandlungsmöglichkeit. Der rasante
Aufschwung ging damit an den Millionen Beschäftigten der Branche
weitgehend vorbei. Zwar zogen viele Firmen die für dieses Jahr
vereinbarte Lohnsteigerung von 2,7 Prozent etwas vor. Die
Preissteigerung eingerechnet, blieb unter dem Strich aber kaum was
übrig. Dass die Gewerkschaft nun ihren Teil vom Kuchen fordert, ist
ihr gutes Recht. Sie muss im Interesse ihrer eigenen Klientel
handeln. Seit Anfang der 90er Jahre sind die Netto-Reallöhne in
Deutschland kaum gestiegen. Im EU-Ländervergleich hinkt die Republik
hinterher. Dabei geht nicht nur Kaufkraft verloren, sondern auch
Vertrauen in den Arbeitgeber und das Wirtschaftssystem. Die
Unternehmen haben in der Krise auf die Einsichtsfähigkeit der
Beschäftigten gesetzt. Sie sollten in besseren Zeiten nicht
vergessen, dass jeder gewonnene Euro auf der Arbeit genau dieser
Menschen beruht.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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