WAZ: Auch im Netz mit offenem Visier. Kommentar von Wilhelm Klümper

Dr. Jekyll und Mr. Hyde im Netz. Tagsüber war Peder
Jensen braver, unauffälliger Mitarbeiter in einem Behindertenzentrum
im norwegischen Städtchen Aalesund. Nach Feierabend verwandelte sich
der Angepasste zum anonymen, rechtsradikalen Blogger „Fjordman“, der
im Netz aufs Übelste gegen Muslime wetterte. Äußerungen wie „Der
Islam und alle, die ihn praktizieren, müssen total und physisch aus
der gesamten westlichen Welt entfernt werden“ fanden auch Zustimmung
beim norwegischen Massenmörder Anders Breivik.

Dass Peder Jensen nun feige abgetaucht ist, passt ins Bild. Was
sind das nur für charakterlose Gesellen, die sich in anonymen Blogs
austoben? Das Internet war angetreten, die gesellschaftliche,
repressionsfreie Debatte durch den Schutz der Anonymität zu
befördern. Leider hat es auch dazu geführt, dass nun Typen mit
Persönlichkeits-Defiziten sowie einer Blockwart- und
Heckenschützen-Mentalität für allerlei Krudes und
Menschenverachtendes eine Bühne haben.

Die Forderung von Innenminister Friedrich, dass auch im Netz
rechtsstaatliche Grundsätze zu gelten haben, ist überfällig. Jeder
solle mit offenem Visier für seine Argumente streiten. Beherzte,
mutige, kontroverse Diskussionsbeiträge von couragierten Bürgern sind
das Salz für eine lebendige Demokratie.

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