WAZ: Bayerns Rambo-Klage. Kommentar von Dietmar Seher

Berlin plant den Wiederaufbau des Stadtschlosses.
Rheinland-Pfalz rühmt sich seiner herausragenden Familienleistungen.
Die Bayern sehen solche Lust und gute Launen bei den Nachbarn mit
Ärger. Sie zahlen dafür mit 3,6 Milliarden Euro pro Jahr. Sie sind
eben reich. Bayern hat also die Nase voll. Die Staatsregierung hält
den Länderfinanzausgleich, der die vom Grundgesetz verlangten
angenäherten Lebensverhältnisse sicherstellen soll, für
reformbedürftig. Weil die Reform ausbleibt, klagt Horst Seehofer in
Karlsruhe. Liegt er richtig? Vorsicht. Erstens: Bayern wählt 2013.
Seehofer kämpft um die Macht. Rambo-Image hilft siegen. Zweitens:
Auch Bayern hing am Tropf anderer, als es noch nicht von Laptops,
sondern von Landwirtschaft und Lederhosen lebte. Es hat die Zuschüsse
aus dem einst florierenden Ruhrgebiet nur gut investiert. Drittens:
Im Süden weiß man, Geld vom Bund abzuzweigen. Gerne stellt man den
spendablen Verkehrsminister. Auch die Forschungslandschaft ist gut
aus dem Bundesetat gefüttert. NRW kann da viel von Bayern lernen. Wo
München aber Recht hat: Die Kluft zwischen armen und reichen
Bundesländern wird weit aufreißen, wenn 2020 die Schuldenbremse
zieht. Spätestens dann könnte es zur allgemeinen Erkenntnis reichen,
dass 16 Länder zu viel sind. Die ärmsten werden fusionieren müssen.
Verspätete Reformen sind besonders brutal.

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