WAZ: Beschneidung ja, aber mit Auflagen. Kommentar von Walter Bau

Hätte uns jemand vor drei, vier Monaten prophezeit,
schon bald werde dem Land eine heftige Debatte über die Beschneidung
jüdischer und muslimischer Jungen ins Haus stehen – wir hätten wohl
nur milde lächelnd den Kopf geschüttelt. Doch inzwischen stecken wir
mittendrin in genau dieser Debatte, die – hoch emotional befrachtet –
Feuilletons wie Leserbriefspalten füllt. Und der Berliner Auftritt
des israelischen Oberrabbiners wird die Diskussion neu befeuern. Mit
seiner (fast) kompromisslosen Haltung zu den Umständen der
umstrittenen Beschneidungs-Prozedur erweist der Religionsgelehrte
seinem eigenen Anliegen einen Bärendienst. Auch wer die Beschneidung
als elementaren Bestandteil seines Glaubens versteht, muss zumindest
gesprächsbereit bleiben. Die Kritiker haben für ihre Haltung
ebenfalls gewichtige Argumente. Die Bundesregierung hat offenbar
erkannt, wie viel Zündstoff in dem heiklen Thema steckt. Deshalb will
sie zügig ein Gesetz vorlegen, das für Rechtssicherheit sorgt. Es
wird wohl kein Verbot der Beschneidungen vorsehen, dafür aber
Auflagen für den Eingriff. Dies wäre jedenfalls in der Sache der
richtige Weg. Ob es auch die aufgeregte Debatte befriedet, ist eine
andere Frage.

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