WAZ: CDU verliert Geduld mit Wulff. Kommentar von Miguel Sanches

Niemand hat Christian Wulff dazu gezwungen, alle 400
Fragen und Antworten zu seiner Affäre ins Netz zu stellen. Das bot er
von sich aus an; neue Maßstäbe wollte er setzen. Vom
Bundespräsidenten darf man nun erwarten, dass er Wort hält und sich
nicht länger hinter der Verschwiegenheitspflicht seiner Anwälte
versteckt. Das lässt man ihm nicht durchgehen, auch die CDU nicht,
seine Partei. Das ist der Eindruck, den Peter Altmaier erzeugt, ein
enger Mitstreiter Angela Merkels. Die Affäre hält schon einen Monat
an, brutal lang, und ein Ende ist nicht in Sicht. Es ist
verständlich, dass die CDU ihre Geduld mit Wulff verliert. Als Horst
Köhler zurücktrat, war das übertrieben, aber geschah aus edlen
Motiven: um das Amt zu schützen. Wulff denkt nur an sich. Die
Präsidentschaft ist sein politisches Schnäppchen. Der CDU dämmert,
dass es ein Schrecken ohne Ende wird. Peter Altmaier agiert kaum auf
eigene Rechnung. Er fordert Aufklärung – in Merkels Interesse. Stellt
sich Wulff taub, muss Merkel selbst Tacheles reden. Bleibt er hart,
steht sie hilflos da. Für ihn ist das Mediengewitter eine Art
Fegefeuer, durch das er geht. Als guter Katholik kennt er den
Ausgang: Erlösung.

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