Wenn das politische Gezerre um die Top-Personalien
in der RAG-Stiftung Hinweis auf die Zukunft wäre, dann ließe das
nichts Gutes erahnen. Die Beteiligten, das kann man im Nachhinein
festhalten, haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Schon allein
deshalb nicht, weil die Machtkämpfe zeitweise sogar den für Evonik so
wichtigen Börsengang bedrohten. Politische Ränkespiele sind das
Letzte, das ein Unternehmen und seine Beschäftigten brauchen können.
Evonik ist Faustpfand der Steuerzahler, die RAG-Stiftung hat es zu
wahren. Gelingt es nicht, den Milliarden-schweren Kapitalstock
aufzubauen, der notwendig ist zur Begleichung der jährlich 220
Millionen Euro zum ewigen Abpumpen des Grubenwassers oder zur
Sicherstellung des sozialverträglichen Endes des Bergbaus, dann sind
die Steuerzahler mal wieder die Dummen. Das Konstrukt der
RAG-Stiftung hat ein Jahrhundert-Problem gelöst, und das ist das
große Verdienst von Werner Müller. Dass es eine politische Kontrolle
der Stiftung gibt, ist die pure Selbstverständlichkeit, da es sich
quasi um öffentliches Vermögen handelt. Das Problem ist nur: Jedes
Vermögen macht Politiker sinnlich, sie wollen handeln und agieren,
und auch Manager wollen das. Laut Satzung ist die Stiftung aber
zuallererst Treuhänder, Sachwalter des Steuerzahlers. Das ist nicht
sexy, aber vernünftig. Der bisherige Chef Bonse-Geuking hat in diesem
Sinne agiert wie ein Sparkommissar. Vielleicht hätte er, wie Kritiker
sagen, mehr möglich machen können für das Ruhrgebiet und das
Saarland. Die Grenzen aber setzt die Satzung. Man darf gespannt sein:
Mit Müller und dem Stahl-Unternehmer Jürgen Großmann führen nun zwei
Manager Stiftung und Kuratorium, die formale Grenzen bislang eher als
Jägerzäune zum Einhegen großer Visionen sahen. Es mag größeren
Spielraum in der Stiftungssatzung zur Förderung des Ruhrgebietes
geben – für den Aufbau einer industriepolitischen Schaltstelle reicht
der aber sicher nicht. Hoffen wir, dass Vernunft und Selbstdisziplin
ausreichen. Ausufernde Staatswirtschaft hat dem Revier jedenfalls
mehr Probleme als Chancen beschert.
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