WAZ: Ein Warnschuss – Kommentar von Stephanie Weltmann zum Mitgliederschwund der Parteien

Kurz nachdem die US-Amerikaner den
Weltenvereinfacher Donald Trump zum Staatsoberhaupt gewählt hatten,
jubelten die Parteien in NRW. SPD, CDU, FDP und die Grünen
berichteten von so zahlreichen neuen Mitgliedern, dass bald vom
„Trump-Effekt“ die Rede war. Fast hoffnungsvoll: Als hätten aufrechte
Bürger in der Zuwendung zu den alten schwächelnden Parteien ihren
Protest manifestiert gegen den Populismus.

Gab es diesen Zusammenhang, so ist er verpufft. 2016 haben SPD und
CDU mehr Mitglieder verloren als neue eingetreten sind. Auf der Suche
nach Gründen wird man auf Menschen treffen, die sich enttäuscht
abwendeten. Die größere Gruppe aber werden Menschen sein, die erst
gar kein Interesse für diese Parteien entwickelten. Weil sie sich
durch sie nicht vertreten fühlen. Weil sie sich in dieser komplexen
Welt aufs Private konzentrieren. Weil das alte Zugehörigkeitsgefühl
abgelöst wurde von der kühlen Abwägung: Was habe ich davon, Mitglied
zu sein? Darauf müssen die Parteien Antworten finden. Schwindet ihre
Verankerung in der Gesellschaft, schwächt das ihren Anspruch als
Interessenvertreter und das Grundgerüst unseres politischen Systems.

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