Europa taumelt durch die Schuldenkrise, den Blick
gerichtet auf die Euro-Pleiteländer Griechenland, Italien, Spanien
und Portugal. Hinter all den Gipfeln und Rettungsschirmen geht eine
andere europäische Krise fast unter: Ungarn – das durch seine
Weigerung, die Grenzen zu schließen, 1989 mutig und wesentlich mit
dazu beitrug, Europa die Freiheit zu schenken – verabschiedet sich
von demokratischen Regeln. Die Medien stehen unter staatlicher
Aufsicht, treue Mitglieder der rechten Fidesz-Partei werden in der
Justiz verankert und das Verfassungsgericht gestutzt. Jetzt steht
auch noch die Unabhängigkeit der Notenbank infrage. Ungarns
„nationale Revolution“ ist beängstigend. Sie verstößt gegen alle
Grundsätze, für die die Europäische Union steht und die, so
Bundeskanzlerin Merkel, scheitert, wenn der Euro scheitert. Doch das
ist zu eng gedacht. Kein Beitrittsland hätte mit der Ungarn-Expertise
eine Chance, Mitglied des Clubs zu werden. Was aber tun, wenn der
Bösewicht schon Teil des Systems ist? Farbe bekennen! Missstände
aufzeigen! Konsequent sein! Die Europäische Union ist eine
Wertegemeinschaft. Wenn sie sich auf die Ökonomie beschränkt,
scheitert sie auch.
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