WAZ: Google auf dem Irrweg. Kommentar von Walter Bau

Der Google-Konzern ist ein weltweit agierendes
Unternehmen, das gewinnorientiert arbeitet. Als solches steht Google
das Recht zu, für seine Interessen einzutreten und zu werben,
Lobbyarbeit in der Politik zu betreiben. So machen es viele
Unternehmen, auch Zeitungs- und Zeitschriftenverlage. Aber: Google
ist nicht der Retter des freien Informationsflusses im weltweiten
Netz, und schon gar nicht der Robin Hood aller Internet-Nutzer. Doch
genau so gebiert sich der milliardenschwere Konzern bei seiner groß
angelegten Kampagne, wenn er mit Parolen wie „Mach mit: Verteidige
Dein Netz“ zum Widerstand gegen das geplante Leistungsschutzgesetz
aufruft. Das Internet kann kein rechtsfreier Raum sein, in dem
gleichsam das Gesetz des Stärkeren gilt. Das muss auch Google
einsehen. Urheberrechte müssen auch im Netz geschützt werden, selbst
wenn das Internet bei vielen Nutzern als eine Art Umsonst-Medium
angesehen wird, dessen kostenfreie Nutzung in allen Bereichen vor
allem bei jungen Leuten beinahe als Menschenrecht angesehen wird.
Musik, Videos, Bücher, Artikel – mit ein paar Klicks sind sie auf der
heimischen Festplatte. Legal? Illegal? Scheißegal! Wer so denkt,
verkennt auf dramatische Weise, dass Qualität nicht zum Nulltarif zu
haben ist, weder im Supermarkt um die Ecke, noch im Internet.
Hitverdächtige Songs, spannende Krimis, fesselnde Videos und auch
fundierter Qualitäts-Journalismus – all das hat seinen Preis. Wer
solche Produkte durch eine blinde Gratis-Mentalität zur kostenlosen
Zugabe degradiert, wird bald weitgehend auf sie verzichten müssen.
Sie wären schlichtweg nicht mehr zu finanzieren. Auch dies soll das
Gesetz zum Leistungsschutz verhindern. All das weiß auch Google. Doch
statt sich auf ernsthafte Gespräche etwa mit Buch- und Presseverlagen
einzulassen, schaltet der Konzern auf stur und versucht, die
Internet-Nutzer für sich einzuspannen. Wer so selbstherrlich vorgeht,
dem geht es nicht um den Kompromiss und schon gar nicht um Freiheit
im Internet, sondern allein um Wahrung der eigenen Pfründe. Das dies
– siehe oben – eine kurzsichtige Strategie ist, blendet Google aus.

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