Die Energiewende hat ihr Gutes. Von endlichen
Vorräten wie Öl und Kohle umzusteigen auf erneuerbare oder schier
unendliche Energien wie Sonne, Wind und Biomasse ist ethisch geboten
und wirtschaftlich sinnvoll. Die Mehrheit möchte ohne Atomstrom
leben. Die Energiewende hat ihr Schlechtes. Zu glauben, dass eine
derart radikale Maßnahme, eine Revolution, kaum Geld kostet, ist
naiv. Am Ende wird man über 100 Milliarden reden, vielleicht auch 200
Milliarden. Momentan steigen die Kosten noch. Das wird so
weitergehen. Die Debatte über das liebe Geld gewinnt an Wucht.
Vielleicht entscheidet sie die Bundestagswahl, wahrscheinlich
verzögert sie die Energiewende. Es gibt eine Fülle von Ursachen,
weshalb es immer teurer wird. Und es gibt keine einfache Lösung. Für
die überteuerte Photovoltaik müssen wir noch 20 Jahre zu hohe Preise
zahlen. Zwischen 13 000 und 17 000 Kilometer neue Netze
müssen gebaut werden. Dagegen wird es noch gigantische Proteste
geben. Die Menschen wollen nicht, dass dafür Bäume gefällt werden. Es
geht aber nicht anders. Ausgerechnet die Industrie, die viel Strom
braucht, zahlt besonders wenig dafür. Das finanzieren Mittelständler
und Privatkunden. Bestraft werden jene, die ökologisch modernisiert
haben und trotzdem die mehr als 14 Milliarden teure Öko-Umlage für
die Erneuerbaren mitzahlen müssen. Aber einfach streichen kann man
das Privileg auch nicht. Die Industrie in Deutschland zahlt schon
jetzt in Europa den zweithöchsten Strompreis. An diesen Unternehmen
hängen mehr als 800 000 Arbeitsplätze. Nicht nur, dass sich
Union und FDP längst nicht mehr einig sind, zwischen den
Bundesländern ziehen wuchtige Verteilungskämpfe herauf. Die Bayern
wollen den Windstrom von der Küste nicht, sondern lieber eigene
Kraftwerke bauen. Die aber werden durch den Vorrang für Ökostrom
immer unrentabler. Konventionelle Kraftwerke werden jedoch gebraucht,
weil die Sonne nicht immer scheint und der Wind nicht immer weht.
Energiewende: Gute Idee, schlechtes Handwerk? Es wird eine unendliche
Geschichte.
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