WAZ: Trotz hoher Einnahmen ist Sparen angesagt – Kommentar von Walter Bau

Die Steuerquellen sprudeln, die Sozialkassen quellen
förmlich über. Auf einmal wissen sie gleichsam nicht wohin mit den
überschüssigen Milliarden. Dabei redet doch alles von Krise. Haben
wir da was verpasst? Die Sonder-Konjunktur macht den Export-Riesen
Deutschland zu einer Insel der Seligen. Nirgendwo in Europa boomt die
Wirtschaft so wie bei uns. Während in anderen Ländern die
Arbeitslosenzahlen explodieren, suchen deutsche Unternehmen
händeringend qualifizierte Fachkräfte. Doch das Ende des deutschen
Booms ist absehbar. Über 60 Prozent deutsche Exportgüter gehen in die
Länder der Europäischen Union. Wenn etwa in Spanien, Frankreich und
Italien demnächst die Krise voll auf die privaten Haushalte
durchschlägt, werden deutsche Firmen das schmerzlich zu spüren
bekommen. Deshalb wäre es jetzt das völlig falsche Signal, die
Mehreinnahmen als Wohltaten unters Volk zu bringen – auch wenn die
Versuchung angesichts des heraufziehenden Wahlkampfs im Bund noch so
groß sein mag. Denn klar ist auch das: Trotz der zusätzlichen
Einnahmen steigt die Neuverschuldung der öffentlichen Kassen munter
weiter. Von nachdrücklichem Sparwillen keine Spur. Die Staatsschuld
hat hier zu Lande inzwischen die Marke von 2000 Milliarden Euro
erreicht. Das relativiert die Freude über 4,6 Milliarden Euro
zusätzliche Steuereinnahmen für 2012 doch gehörig.

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