Es gibt Dementis, die liegen näher an der Lüge als
der Wahrheit. Das Dementi von Kanzlerin Merkels Regierungssprecher
Seibert gehört in diese Kategorie. Zu keinem Zeitpunkt sei auf dem
letzten G-20-Gipfel über die Goldreserven der Bundesbank gesprochen
wurden. Daran stimmt so viel: Über das Gold der Deutschen wurde
ausdrücklich nicht gesprochen. Aber alles andere stimmt eben doch:
US-Präsident Obama, Frankreichs Sarkozy und Englands Cameron wollen
den gerade erst vor einer Woche auf eine Billion Euro hochgehebelten
Rettungsschirm mit den Währungsreserven der Notenbanken, am Ende auch
mit deutschem Gold, auffüllen. Bundesbankchef Weidmann stellte sich
quer. Erst dann folgte ihm die deutsche Kanzlerin. Damit sind die
Machtkämpfe der nächsten Tage vorgezeichnet. Der letzte
Bundesbankpräsident Weber trat zurück, weil er die Ankäufe
griechischer und portugiesischer Anleihen durch die Notenbank nicht
mitmachen wollte. Dessen Nachfolger Weidmann stellt sich gegen die
neuen Pläne quer, weil er strikt ablehnt, Staatsdefizite über die
Notenpresse oder die Devisenreserven zu finanzieren. Das bringt die
Kanzlerin in ein tragisches Dilemma: Folgt sie Obama und den übrigen
Europäern, kann sie sich nicht nur einen neuen Bundesbankpräsidenten
suchen. Auch mit der politischen Unabhängigkeit der Notenbank wäre es
vorbei. Folgt sie dem Bundesbankpräsidenten, ist der Rettungsschirm
womöglich nicht groß genug. Denn die ganze Nacht- und Nebelaktion
hatte nur einen Sinn – Italien zu retten. Man muss es an dieser
Stelle auch noch einmal festhalten, schon wegen der von der Politik
gestreuten Legenden. Schuld an der Misere haben nicht wildgewordene
Spekulanten, nicht anonyme Märkte, sondern verantwortungslose
Politiker, die glaubten, ihr Wahlvolk mit Geschenken quasi kaufen zu
können. Obamas Vorgänger versprach billige Hauskredite, der
regierende Grieche jeder griechischen Hausfrau eine Rente von 550
Euro. Dieselben Politiker planten und planen neue Schulden ebenso am
Volk vorbei wie die Absicherung von Kreditrisiken. Der
FAZ-Herausgeber Steltzner berichtet zudem von einer
„Schattenkreditpyramide“ an der Politik vorbei. Irland und die
Euro-Südschiene hätten sich bei anderen, aber auch bei der deutschen
Notenbank mit 630 Milliarden Euro verschuldet. Man wird dem
nachgehen. Fazit: Wir kommen einem üblen Szenario näher: Euro oder
Inflation. Mag sein, dass die Deutschen ihr Trauma einholt.
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