WAZ: Vom Osten lernen – Kommentar von Dietmar Seher

Die Hilfe war richtig und wichtig. Gut 20 Jahre
haben Kommunen aus dem Ruhrgebiet Milliardenbeträge für den Aufbau
Ost gespendet. Schienen und Straßen, Schulen und Kitas entstanden
neu, vielleicht hier und da sogar die von Helmut Kohl versprochenen
blühenden Landschaften. Worüber kaum gesprochen wurde: Die Städte im
Revier finanzierten das meist über Schulden. Sie müssen heute noch
dafür zahlen. Es ist nicht gewagt zu behaupten, dass zwischen
Duisburg und Dortmund auf diese Weise manche anhaltende finanzielle
Schieflage produziert wurde – und manches bleibende Schlagloch. Die
Situation hat sich dramatisch verkehrt. Ostdeutsche Städte und
Gemeinden machen überraschend Überschüsse, auch die neuen Länder
haben sich – Ausnahme Berlin – in die schwarzen Zahlen gerettet.
Viele Regionen im Osten Deutschlands haben zudem die Wirtschaftskrise
besser überstanden. Es wird höchste Zeit, hoch verschuldete
Revier-Städte aus der Zahlungspflicht zu entlassen und den bis 2019
geltenden Solidarpakt II vorzeitig zu kündigen. Zeiten, in denen
Solidarität nach Himmelsrichtung gefordert wurden, sind vorbei. Dazu
kommt: Es zeichnet sich ab, dass Sparanstrengungen und Schulden-Abbau
östlich der Elbe wohl ernster genommen werden als am Rhein. Hier kann
man vom Osten lernen. Die NRW-Regierung braucht für beides Mut.

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