Politische Manöver
von Peter Mlodoch
Fast möchte man auf ein Zitat aus Schillers „Wallenstein“
zurückgreifen: „Spät kommt Ihr, aber Ihr kommt“, spricht dort der
Feldmarschall Illo zum Grafen Isolani. Endlich, endlich hat sich nun
auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) zu einem Besuch des
maroden Atommüll-Endlager Asse durchgerungen und sich dort vor Ort an
der Schachtanlage die Sorgen der Anwohner angehört. Immerhin – nach
jahrelangem Zögern zeigt der Ressortchef damit erstmals öffentlich,
dass er das absaufende Salzbergwerk sich nicht selbst überlassen
will. Als echte vertrauensbildende Maßnahme taugt die Visite dennoch
nicht. Röttgen schleppt nämlich im Gepäck seine umstrittene Idee für
ein neues Endlager-Institut mit. Dieses soll nach seinen Plänen die
Kriterien für die Suche und Auswahl einer sicheren Stätte für
hochradioaktive Abfälle entwickeln sowie dieses Lager später auch
betreiben. Bürgerinitiativen und Opposition befürchten zu Recht, dass
der Minister damit das Bundesamt für Strahlenschutz(BfS) entmachten
will. Dessen grüner Präsident Wolfram König ist mit seinem
atomkritischen Kurs den schwarz-gelben Regierungen im Bund und in
Niedersachsen seit langem ein Dorn im Auge. Dass die Behörde in
Salzgitter als Betreiber des ehemaligen DDR-Endlagers Morsleben, des
im Bau befindlichen Endlagers Schacht Konrad und eben auch der Asse
reichlich Erfahrung und Kompetenz mitbringt, scheint für Röttgen aus
– offensichtlich rein politischen – Gründen nicht zu zählen. Zwar
versichert der Umweltminister, dass das BfS die Zuständigkeit für die
Asse behalten, dass sein neues Institut auch nur das neue Endlager
betreffe solle. Aber genau dies zeigt die Absurdität von Röttgens
Vorschlag. Das alte Salzbergwerk bei Remlingen ist doch geradezu ein
Musterbeispiel dafür, wie man mit dem gefährlichen Müll nicht umgehen
darf. Außerdem liefert es viele wertvolle Erkenntnisse zu Geologie,
Wirtsgestein und Wasserzuflüssen. Schließlich kann die Sanierung der
Asse inzwischen auch – nicht zuletzt dank des BfS – als Vorbild für
Transparenz und Bürgerbeteiligung dienen. Will Röttgen das alles
nicht? Wieso es eines neuen Instituts bedarf, kann der CDU-Politiker
jedenfalls nicht nachvollziehbar erklären.
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