Der dramatische Fall der in die Türkei
abgeschobenen Kurdin Gazale Salame wendet sich schlussendlich zum
Guten: Mutter und zwei Kinder dürfen nach acht Jahren demnächst
endlich zu ihrer in Deutschland gebliebenen Familie zurückkehren. Vor
einem Jahr hatte die Menschen im Norden das Schicksal der
vietnamesischen Familie Nguyen berührt, und auch hier hat die
Abschiebung ein glückliches Ende gefunden. Die frohen Botschaften
jeweils passend zu den Feiertagen dürfen allerdings nicht darüber
hinwegtäuschen, dass Niedersachsen noch weit entfernt ist von einer
wirklich humanen Flüchtlingspolitik. Zwar erkennt inzwischen selbst
die CDU an, dass man die Aufnahme von Asylbewerbern von Anfang an auf
Integration ausrichten müsse. Doch den hehren Worten folgt die von
Innenminister Uwe Schünemann (CDU) geprägte Praxis bislang nicht.
Nacht- und Nebel-Abschiebungen werden mit Flugplänen begründet. Die
Härtefallkommission klagt über eine zu starke Gängelung. Der
Koalitionspartner FDP blitzt immer wieder mit seinen Wünschen nach
einer Lockerung der strengen Vorschriften für Flüchtlinge ab. Wie
absurd bürokratische Vorgaben sein können, zeigt sich derzeit bei der
Gewährung von Sozialleistungen. Das Bundesverfassungsgericht hatte im
Juli die rückwirkende Anhebung der Sätze für Asylbewerber angeordnet.
Stadt und Land Göttingen hatten daraufhin den Nachschlag in Form von
Gutscheinen geleistet. Dies wiederum verwarf das Sozialgericht
Hildesheim als diskriminierend. Das Innenministerium behauptet nun,
die Göttinger Behörden hätten frei über den Auszahlungsmodus
entscheiden dürfen. Dieser Aussage allerdings steht ein Erlass aus
dem Schünemann-Ressort entgegen, wonach höchstens ein kleines
Taschengeld bar ausgezahlt werden dürfe. Verwirrend ist da gar kein
Ausdruck mehr. Warum können Asylbewerber eigentlich nicht – wie
andere Sozialhilfeempfänger auch – ihre Leistungen in Geld erhalten?
Ausgrenzung beginnt in kleinen Alltagsdingen. Integration umgekehrt
auch.
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