Westdeutsche Zeitung: Abwahlverfahren Sauerland = Von Frank Uferkamp

Die schiere Zahl ist beeindruckend und legt ein
deutliches Zeugnis über die Stimmung in Duisburg ab: Ein großer Teil
der Bevölkerung hat die Nase voll von Oberbürgermeister Adolf
Sauerland und will, dass er wegen der schrecklichen Ereignisse bei
der Loveparade aus dem Amt ausscheidet. In diesen Zeiten rund 80 000
Bürger in einer traumatisierten Stadt dazu zu bewegen, per
Unterschrift ihren demokratischen Willen zu bekunden, ist schon eine
große Leistung. Der CDU-Politiker selbst ist es gewesen, der mit
seinem Verhalten die Leute zur Unterschrift getrieben hat. Doch ob er
nun tatsächlich gehen wird, ist noch offen.

21 Tote sind die Bilanz der Katastrophe vom Sommer vergangenen
Jahres, sie sind immer noch ungesühnt. Zwar ermitteln die
Staatsanwälte gegen eine ganze Anzahl von Personen, doch Sauerland
und der Chef der Veranstalterfirma, Rainer Schaller, sind nicht
darunter. Sauerland hat erstmals ein Jahr nach dem Unglück den Mumm
gehabt, sich zu entschuldigen. Schaller agiert hinter den Kulissen,
hat Kontakt mit den Angehörigen. Der Unterschied: Sauerland hat ein
öffentliches Amt inne und ist dem Gemeinwohl der Stadt Duisburg
verpflichtet. Seine Behörde hat die Veranstaltung trotz aller Mängel
genehmigt. Er hatte eine moralische Verantwortung. Der ist er nicht
gerecht geworden.

Die Bürgerinitiative „Neuanfang für Duisburg“ hat die erste Hürde
für die Abwahl genommen, die zweite ist ungleich höher. Denn dann
müssen sich mehr als 92 000 Bürger für die Abwahl aussprechen. Ob
dies mit der zweiten Welle der Kampagne gelingt, muss abgewartet
werden.

Sauerland selbst wird wohl nicht freiwillig gehen. Das hat auch
seinen Grund in der Pensionsregelung: Tritt er zurück, hat er keinen
Anspruch auf Altersversorgung aus seiner OB-Zeit. Sehr wohl aber,
wenn er abgewählt wird.

Wie auch immer diese unerfreuliche Geschichte ausgehen mag, die
Bürgerinitiative hat eines deutlich bewiesen: Duisburg lässt sich
nicht unterkriegen. Dieser Selbstbehauptungswille ist das
Kontrastprogramm zu einem Oberbürgermeister, der sich in seiner
eigenen Stadt nicht mehr sehen lassen kann und in der Amtsstube
verschanzen muss. Sie verlangen nichts Unmögliches. Sondern
Gerechtigkeit.

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