Sollte die Bundesregierung mit dem
Atom-Moratorium und den Stresstests für die Meiler beabsichtigt
haben, neues Vertrauen in ihre Energiepolitik zu schaffen, dann ist
dieser Versuch gründlich gescheitert. Denn nach sechs Wochen
Untersuchung der 17 deutschen Atomkraftwerke sind alle so schlau wie
vorher. Die Anlagen sind robust, aber zu 100 Prozent sicher sind sie
nicht. Das ist nicht neu. Und dass vor allem die im März
abgeschalteten Kraftwerke sehr große Mängel haben, war auch schon vor
dem Bericht der Reaktorsicherheitskommission bekannt. Wer sich von
der Untersuchung mehr Ergebnisse oder gar Abschalt-Empfehlungen
erhofft hatte, wurde gestern jedenfalls bitter enttäuscht.
Dabei ist der Ansatz richtig, auch wenn die politischen
Mitbewerber der Regierung seinerzeit Wahlkampftaktik vorwarfen und
selbst der damalige Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) in
diesen Chor einstimmte. Die Katastrophe von Fukushima schrie und
schreit förmlich danach, Atomenergie grundsätzlich auf den Prüfstand
zu stellen. Sie schreit lauter als der Gau von Tschernobyl, weil
Japan die besorgniserregenden Bilder von der Katastrophe nicht geheim
halten kann. Das war in der totalitären Sowjetunion anders.
Bundeskanzlerin Merkel hat womöglich auf die Landtagswahlen, aber
auch auf die Sorgen der Menschen in Deutschland reagiert, als sie
schnell, für Kritiker zu schnell, die Wende in ihrer Energiepolitik
ankündigte.
Doch wie so oft entlarvt die Kurzatmigkeit den Aktionisten. Sechs
Wochen reichen nicht aus, um ein so komplexes Gebilde wie einen
Atommeiler auf alle Eventualitäten hin zu prüfen. Und der Schnelltest
vermag auch nicht zu verdecken, dass dieselbe Bundesregierung zum
Wohle der Wirtschaft auf die im Umweltministerium ersonnene
milliardenschwere Nachrüstung der Kernkraftwerke verzichtet hatte.
Dennoch hat die Regierung in der Energiepolitik den richtigen Weg
eingeschlagen. Aber sie muss ihn gehen, nicht rennen, damit jeder
Schritt wohl durchdacht ist. Fest steht: Die Zeit der Atomenergie
neigt sich dem Ende zu. Und sowohl die Bürger als auch die
Energiekonzerne haben Anspruch darauf, verlässlich zu erfahren, ab
wann und wie Deutschland ohne Kernenergie mit Strom versorgt werden
soll.
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