Der Terror-Fall Anis Amri und die vielen
terroristischen Anschläge im europäischen Ausland haben in
Deutschland nicht die Rechtslage, wohl aber den Umgang mit ihr
verändert. Und das ist gut so. Die Abschiebung des 21 Jahre alten
Türken aus Altenbeken durch die Behörden in NRW ist dafür das beste
Beispiel – und sie ist ein wichtiges Zeichen. Denn: Der so genannte
Terror-Paragraph 58a des Aufenthaltsgesetzes, der jetzt zur Anwendung
kam, ist ja in der Tat nicht neu: Er wurde 2005 als lange verhandelte
Erweiterung der Anti-Terror-Pakete des damaligen Bundesinnenministers
Otto Schily (SPD) installiert. Bis in dem Fall Amri auf deprimierende
Weise vor Augen geführt wurde, wohin behördliche Nachlässigkeit und
zu laxe Anwendung gesetzlicher Möglichkeiten führen können, war der
Paragraf 58a nicht sonderlich beliebt. Der ehemalige
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte das im Umfeld der
Amri-Aufarbeitung bestätigt. Tenor: Das Gesetz sei untauglich, weil
zu kompliziert – und für seine Umsetzung die „rechtlichen
Anforderungen“ zu hoch. Was wohl heißt: Angesichts der Aussicht, dass
Beschuldigte zahlreich klagen, keine Papiere haben und die meisten
Länder ohnehin die Aufnahme verweigern, hat man wohl oft (zu) früh
abgelassen. Im Fall Amri hat das zur Katastrophe geführt. Es ist
staatliche Aufgabe, es dazu nicht mehr kommen zu lassen. Darum ist
das Zeichen aus dem Integrationsministerium in Düsseldorf wichtig.
Das verlangen die Zahlen, und sie zeigen zugleich das Problem: In NRW
leben rund 800 gewaltbereite Salafisten, 211 von ihnen gelten als
Gefährder, denen man nach eindringlicher Observation zutraut, eine
extremistische, schwere Straftat zu begehen. 13 dieser ausländischen
Gefährder gelten als ausreisepflichtig, deutschlandweit sind es sogar
120. Zahlen, die die Dimension der Gefährdung verdeutlichen. Muss
sich ein Staat damit abfinden, dass tickende Zeitbomben als Gefahr
für das Leben anderer durch die Republik geistern und noch dazu ein
gesellschaftliches Klima befördern, das noch vor einigen Jahren
undenkbar erschien? Nein, das muss er nicht. Auch angesichts dieser
Entwicklung haben die Verwaltungsgerichte in Leipzig und Göttingen
2017 die Abschiebung nach Paragraf 58a erleichtert. Und doch ist sie
nun mit dem Fall in NRW erst zum dritten Mal gelungen.
Deutschlandweit. Es müssen weitere folgen.
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