Westfalenpost: Kalkül statt Mitgefühl

Wieder ein Schritt in Richtung Isolationismus.
Wieder ein Beispiel dafür, dass der ehemalige Welt-Mannschaftsführer
USA unter Donald Trump nur noch brotlose Alleingänge kann. Mit dem
Ausstieg aus dem reformbedürftigen Menschenrechtsrat der Vereinten
Nationen dokumentiert Amerika einmal mehr, dass es in globalen
Umbruchzeiten internationalen Organisationen den Rücken kehrt, wenn
nicht alle nach Donald Trumps Pfeife tanzen. Flucht aus der
Verantwortung wird zum Markenzeichen der Regierung eines Mannes, der
alles daran setzt, die maßgeblich von Amerika geprägte internationale
Ordnung zu schreddern. Im Fall Menschenrechtsrat waren die Motive
perfide. Bereits seit einem Jahr macht Trumps Statthalterin bei den
UN, Nikki Haley, gegen all jene Untergliederungen der Vereinten
Nationen mobil, die nicht auf Washingtons Linie liegen. Trump verließ
den Verhandlungstisch in Genf in dem Moment, in dem der
Menschenrechtsrat die US-Administration für die humanitäre
Katastrophe bei minderjährigen Asylsuchenden an der Grenze zu Mexiko
kritisiert hatte. Die Empörung gegen den mindestens psychischen
Missbrauch von Kindern durch einen Staatsapparat, der auf Trumps
Geheiß Abschreckungspolitik gegen Schutzsuchende betreibt, hatte
zuletzt weltweit wie inneramerikanisch bedrohliche Dimensionen
angenommen, die dem Präsidenten persönlich und den Republikanern
schweren Schaden zufügen können. Sogar die First Lady hatte sich
gegen die Trennung von Kindern und Eltern an der Grenze zu Mexiko
ausgesprochen. Darum der rabiate Kurswechsel, den Trump gestern
widerwillig vollzog. Dabei hätte ihm klar sein müssen, dass Fotos von
Knirpsen, die weinend in gitterkäfigähnlichen Behausungen sitzen, an
niemandem spurlos vorübergehen. Es ist also vielmehr eine Kehrtwende
aus Kalkül als aus Mitgefühl.

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