Drehen wir mal kurz an der Zeitmaschine und stellen
folgendes Datum ein: Sonntag, 21. Januar, 17 Uhr. Der Hausmeister
schließt gerade das World Conference Center in Bonn ab; der
Außerordentliche Bundesparteitag der SPD ist zu Ende. 52 Prozent der
Delegierten haben sich nach turbulenter Sitzung gegen eine Große
Koalition mit der Union ausgesprochen. Martin Schulz ist als
Bundesvorsitzender zurückgetreten; Fraktionschefin Andrea Nahles
überlegt noch, sie will nichts überstürzen. Die Jusos jubeln. Und
nun? Ja, liebe Sozialdemokraten, was passiert eigentlich mit Eurer
stolzen Partei, sollte die Regierungsbildung an Eurer Zustimmung
scheitern? Erstens: Die sozialen Komponenten, die Ihr in den
Sondierungsgesprächen ausgehandelt habt und die sich angesichts Eurer
mickrigen 20,5 Prozent bei der Bundestagswahl durchaus sehen lassen
können, wandern wahrscheinlich zum Teil in den Mülleimer.
Paritätische Finanzierung der Krankenversicherung? Futsch.
Verbesserungen bei der Pflege? Gefährdet. Mehr Kindergeld, Recht auf
Teilzeit, festgeschriebenes Rentenniveau? Fraglich. Zweitens: Bei
Neuwahlen würdet Ihr wohl noch schlechter abschneiden als im
September. Die AfD würde zulegen. Wollt Ihr das wirklich? Und wie
lautet dann Eure Botschaft? Vielleicht: „Wir wollen gar nicht
regieren!“ (Übrigens: Der Spruch ist schon an die FDP vergeben.) Und
wie wollt Ihr das alles bezahlen? Auf welches Niveau Sozialdemokraten
fallen können, lässt sich in Nachbarländern beobachten: einstellig.
Die vielfach geforderte Erneuerung der Partei kann auch in der
Regierung gelingen. Ihr müsst sie nur wirklich wollen. Spaltung macht
Euch schwach.
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