Westfalenpost: Reformbedarf für fehlbare Schlapphüte Von Winfried Dolderer

Sie betreiben ein lichtscheues Gewerbe. Das ist das
Wesen von Geheimdiensten und zugleich ihr Elend. Nirgends schließlich
lässt sich so ungehindert auch Unfug anrichten wie im Halbdunkel
strikter Verschwiegenheit und nur eingeschränkter öffentlicher
Kontrolle. Allenfalls hin und wieder, wenn irgendein Unfug sich zum
medial aufbereiteten Skandal auswächst, nimmt ein erstauntes Publikum
zur Kenntnis, dass auch Schlapphüte fehlbar sind. Das war so vor gut
einem Jahrzehnt, als das Verfassungsgericht ein NPD-Verbot ablehnte
mit dem Hinweis, die Partei sei auf allen Ebenen von V-Leuten
durchsetzt. Damals kam einer breiteren Öffentlichkeit zum
Bewusstsein, in welchem Maße der Verfassungsschutz waschechte Nazis
als Informanten mit Staatsknete päppelt. Zum Wohle der inneren
Sicherheit? Die Zweifel daran nahmen überhand, als offenbar wurde,
dass trotz alledem ein rassistisches Mördertrio jahrelang ungestört
sein Wesen hatte treiben können. Der Reformbedarf liegt also auf der
Hand. Freilich, jede Reform des Verfassungsschutzes stößt an die
Grenzen der föderalen Vielfalt, in der ein Bundesamt mit 16
Landesämtern koexistieren muss. Dass sie daran keine Abstriche
dulden, haben die Länder dem Innenminister gestern deutlich gemacht.
Und abgesehen davon: Einheitliche Regeln für die Nutzung von V-Leuten
– höchste Zeit. Eine Pflicht zum Informationsaustausch – man fragt,
weshalb das jetzt erst vereinbart werden muss. Mit den Ländern hat
sich der Innenminister geeinigt. Zu überzeugen hat er noch den
Koalitionspartner FDP. Das könnte das härtere Stück Arbeit werden.

Pressekontakt:
Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160