ZDF-Politbarometer Februar I 2011 / Hartz IV: Regierung und Opposition gleichermaßen schuld an fehlender Einigung / Mehrheit erwartet mehr Demokratie in Ägypten

In dieser Woche sind die Gespräche im
Vermittlungsausschuss über eine Einigung für die vom
Bundesverfassungsgericht verlangte Änderung bei Hartz IV erfolglos
beendet worden. Heute wird darüber im Bundesrat abgestimmt. Die
Schuld, dass es bisher zwischen CDU/CSU und FDP auf der einen Seite
und SPD und Grünen auf der anderen nicht zu einer Einigung gekommen
ist, weisen 59 Prozent Regierung und Opposition gleichermaßen zu, 15
Prozent sehen die größere Schuld bei der Regierung und 12 Prozent bei
der Opposition (weiß nicht: 14 Prozent).

Wenn es um die inhaltlichen Positionen in diesem Streit geht, dann
finden eher SPD und Grüne Rückhalt bei Mehrheiten in der Bevölkerung:
So halten die von der Bundesregierung vorgeschlagene Erhöhung der
Grundsicherung bei Hartz IV um fünf Euro pro Monat 50 Prozent für zu
wenig, 11 Prozent halten es für zu viel und 31 Prozent für genau
richtig (weiß nicht: 8 Prozent). Auch den Vorschlag von Rot-Grün, bei
Leiharbeitern bereits nach vier Wochen die gleiche Entlohnung wie bei
den festangestellten Beschäftigten zu zahlen, wird von 63 Prozent
aller Befragten unterstützt. Nur 22 Prozent sind dafür, dass der
gleiche Lohn, wie von der Bundesregierung vorgeschlagen, erst nach
neun Monaten gezahlt werden muss und 10 Prozent lehnen jede
gesetzliche Vorschrift bei diesem Sachverhalt ab.

Zurzeit finden die ersten Tarifverhandlungen nach der
Wirtschaftskrise statt, bei denen höhere Lohnabschlüsse verlangt
werden als in der Vergangenheit. Dass es bei diesen
Tarifverhandlungen zu starken Lohnerhöhungen kommen soll, meinen 25
Prozent. Zwei Drittel (67 Prozent) sprechen sich für etwas steigende
Löhne aus und 5 Prozent sind gegen jede Lohnsteigerung (weiß nicht: 3
Prozent).

Die politischen Veränderungsprozesse in arabischen Ländern wie
Ägypten oder Tunesien werden von 44 Prozent als Gefahr für Europa
wahrgenommen, 52 Prozent sehen eine solche Gefahr jedoch nicht.
Speziell zu Ägypten meint eine Mehrheit von 58 Prozent, dass sich
dieses Land zukünftig stärker in Richtung Demokratie entwickeln wird.
34 Prozent haben solche Hoffnungen nicht und 8 Prozent haben dazu
keine Meinung.

Die von Ursula von der Leyen vorgeschlagene und von der
Bundeskanzlerin abgelehnte Einführung einer gesetzlichen Frauenquote
von 30 Prozent für Führungspositionen in größeren Unternehmen fänden
42 Prozent gut, 54 Prozent lehnen sie ab. In keiner
Parteianhängergruppe gibt es eine Mehrheit dafür, bei den Anhängern
von Union und FDP wird sie besonders deutlich abgelehnt. Frauen sind
in dieser Frage geteilter Auffassung (48 Prozent zu 48 Prozent),
Männer sprechen sich mit deutlicher Mehrheit dagegen aus (61 Prozent
zu 35 Prozent).

Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, würde sich das Hoch
der letzten Monate für die Grünen abschwächen. In der
Politbarometer-Projektion, die längerfristige Überzeugungen und
Bindungen an die Parteien sowie koalitionstaktische Überlegungen
berücksichtigt, käme die CDU/CSU auf 36 Prozent, die SPD auf 27
Prozent, die FDP auf 5 Prozent (alle unverändert), die Linke auf 9
Prozent (plus 1) und die Grünen auf 17 Prozent (minus 2). Die
sonstigen Parteien zusammen lägen bei 6 Prozent (plus 1). Somit
hätten weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün zurzeit eine
Regierungsmehrheit.

Die Zufriedenheit mit den wichtigsten Politikerinnen und
Politikern hat sich im Vergleich zu vor zwei Wochen nicht wesentlich
verändert: Angeführt wird die Top Ten weiterhin von Karl-Theodor zu
Guttenberg. Er kommt nach Sympathie und Leistung auf der Skala von +5
bis -5 auf einen Durchschnittswert von 2,0 (Januar II: 1,9). Auf
Platz zwei liegt jetzt Frank-Walter Steinmeier, der auf 1,1 (Januar
II: 0,9) kommt. Nur wenige Hundertstel schlechter und damit ebenfalls
1,1 (Januar II: 1,3) wird Bundeskanzlerin Angela Merkel bewertet.
Danach folgen Ursula von der Leyen mit 0,7 (Januar II: 0,8) und
Wolfgang Schäuble mit 0,5 (Januar II: 0,6). Leicht verbessert hat
sich Sigmar Gabriel mit 0,2 (Januar II: 0,0) und liegt damit knapp
vor Horst Seehofer mit unveränderten 0,2 und Renate Künast mit 0,1
(Januar II: 0,2). Im Negativbereich der Skala bleiben Gregor Gysi mit
minus 1,0 (Januar II: minus 0,8) und Guido Westerwelle mit
unveränderten minus 1,6.

Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der
Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews
wurden in der Zeit vom 8. bis 10. Februar 2011 bei 1257 zufällig
ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist
repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der
Fehlerbereich beträgt bei einem Parteianteil von 40 Prozent rund +/-
drei Prozentpunkte und bei einem Parteianteil von 10 Prozent rund +/-
zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: CDU/CSU: 40
Prozent, SPD: 29 Prozent, FDP: 3 Prozent, Linke: 8 Prozent, Grüne: 16
Prozent. Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 25.
Februar 2011.

Fotos sind erhältlich über den ZDF-Bilderdienst, Telefon: 06131 –
70-16100, und über http://bilderdienst.zdf.de/presse/politbarometer

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