KOMMENTAR zu WULFF
Ausgabe vom 03.01.2012
Politiker, die mehr oder weniger unverhohlen Einfluss darauf zu
nehmen versuchen, was und wie die Medien über sie berichten, sind
keine Seltenheit. Bis zu einem gewissen Grade ist das als Ausdruck
einer professionellen Öffentlichkeitsarbeit der politischen Klasse
durchaus in Ordnung, zumal der Umgang von Journalisten mit
prominenten Personen der Zeitgeschichte auch oft genug wenig
zimperlich erscheint. Wenn sie klug sind, überlassen führende
Politiker die Beschwerde über Berichte, die sie als unangemessen oder
unfair empfinden, aber ihren Pressesprechern. Vor persönlichen
Interventionen oder gar Drohungen im Umgang mit den Medien sollten
sich hochrangige Volksvertreter besser hüten – sie bewirken oft nur
das nachhaltige Gegenteil der beabsichtigten Reaktionen. Diese
Erfahrung muss nun augenscheinlich auch Christian Wulff machen, zu
allem Überfluss. Dem Bundespräsidenten läuft die Kreditaffäre
ungeachtet seiner vorweihnachtlichen Erklärung hinterher. Die Sache
kann – entgegen den frommen Wünschen aus der Union – längst nicht zu
den Akten gelegt werden. Die Opposition lässt nicht locker. Wie lange
muss sich Christian Wulff das noch antun, wie lange will er sich das
weiter zumuten? Einstweilen handelt es sich zwar weder um eine
irreparable Beschädigung des Amtes noch gar um eine Staatskrise. Doch
höchst unerquicklich ist die unendliche Angelegenheit allemal, für
Wulff sowieso, aber zunehmend auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel,
deren erklärter Wunschkandidat der Niedersachse nach Horst Köhlers
bis heute rätselhaftem Abgang war.
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