Beim Theater um das neue Meldegesetz fragt man
sich, was einen mehr ärgern soll: Dass Politiker auf die Idee kommen,
Daten der Bürger von den Behörden an Geschäftemacher verhökern zu
lassen. Die Art und Weise, wie das Gesetz zustandekam. Oder die
plötzliche Entrüstung über den Adressen-Deal. Denn eines muss man
sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Bundesregierung zieht die
Reißleine bei einem Gesetz, das sie soeben selbst auf den Weg
gebracht hat. Wenn jetzt ausgerechnet CSU-Chef Horst Seehofer und die
schwarze Verbraucherministerin Ilse Aigner einen Salto rückwärts
vollführen, entsteht ein zwiespältiger Eindruck. Es ist schwer zu
glauben, dass die beiden über den vom Innenausschuss verschärften
Gesetzentwurf nichts gewusst haben. Immerhin sitzt der mächtige
CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl in diesem Gremium. Und Uhl war
maßgeblich an der Neuregelung des Melderechts beteiligt. Entweder war
den Hauptakteuren die Brisanz des Gesetzes tatsächlich nicht bewusst.
Das wäre dann eine blamable Kommunikationspanne. Oder sie haben den
Adressenhandel – unter kräftiger Mitwirkung des Innenausschusses –
weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeboxt. Dann aber
wäre die Empörung der CSU-Granden nur gespielt. Trotz aller
Krokodilstränen, die nun in den Reihen der schwarz-gelben Koalition
geweint werden: Es ist gut, wenn das Gesetz korrigiert wird. Jeder
Bürger muss zuerst einwilligen, bevor Ämter Daten an Firmen
weitergeben dürfen. Alles andere würde den Verbraucher- und
Datenschutz konterkarieren. Autor: Stefan Stark
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