WAZ: Das Recht auf Beschneidung. Kommentar von Walter Bau

Jüdische Rabbiner sprachen vom schwersten Angriff
seit dem Holocaust durch die Nazis, der Vatikan setzte den Vorgang in
Relation zu Abtreibungen ungeborener Kinder – das Urteil des Kölner
Landgerichts, die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen sei
eine Straftat, hat eine Debatte ausgelöst, die zuletzt zunehmend
schärfer geführt wurde. Da ist es gut, dass die Bundesregierung nun
eine schnelle rechtliche Klarstellung ankündigt. Das Ergebnis kann
nur lauten, diese Beschneidungen zu erlauben. Sowohl in der jüdischen
als auch in der islamischen Welt ist die Beschneidung ein elementarer
Teil der religiösen und kulturellen Identität. In ihrer Bedeutung ist
sie vergleichbar mit der Taufe in den christlichen Konfessionen.
Religiös motivierte Beschneidungen zu kriminalisieren, wie es die
Kölner Richter getan haben, wäre ein unzulässiger Eingriff in die vom
Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit. Das Argument, die
Beschneidung von Jungen stelle eine Körperverletzung dar, überzeugt
nicht. Der Eingriff ist klein, das Risiko gering, das gilt auch für
die Gefahr psychischer Folgen für den Erwachsenen. Der
gesundheitliche Nutzen – oder Schaden – der Beschneidung wird von
Medizinern unterschiedlich beurteilt. Es ist das Recht und die
Pflicht der Eltern, zu beurteilen, ob solch ein Eingriff für ihren
Sohn in Frage kommt. Der Staat muss sich da heraushalten.

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