Mindener Tageblatt: Kommentar zum Organspende-Skandal / Mehr Aufsicht, bitte!

Gerade erst ist das neue Organspendegesetz
beschlossen, da sorgt ein handfester Skandal für massive
Verunsicherung. Die dubiosen Geschäfte in Göttingen und Regensburg
sind nur zu geeignet, die leider bei vielen Mitmenschen bestehenden
Vorurteile gegen die Transplantationsmedizin zu verstärken.
Vornehmlich jenes, dass bei Organentnahmen und -verpflanzungen im
Zweifelsfall auch andere als medizinische Gründe eine Rolle spielen
könnten. Schon von daher ist es unabdingbar, die mit krimineller
Energie entgegen ihrer ethischen Verpflichtung handelnden schwarzen
Schafe zur Rechenschaft zu ziehen. Ebenso unvermeidlich ist, dass
sich – nicht nur in dieser Frage – die ärztlichen
Standesorganisationen Gedanken machen hinsichtlich ihres Umgangs mit
auffällig werdenden Kollegen. Wie hier der Schwarze Peter zwischen
Ärztekammern und staatlichen Aufsichtsbehörden hin und hergeschoben
wird, lässt jedenfalls stark an der Sinnhaftigkeit standesrechtlicher
Selbstorganisation zweifeln. Noch wichtiger aber ist, das ganze
System der Organspende, -entnahme- und -transplantationspraxis genau
unter die Lupe zu nehmen. Ob die bisherige Organisationsform in
privater Hand der Weisheit letzter Schluss ist, erscheint angesichts
der jüngsten Ereignisse doch eher fragwürdig. Mehr staatliche
Aufsicht scheint unausweichlich. Wie genau die aussehen könnte,
sollten Mediziner und Gesundheitsbehörden gemeinsam klären – zügig
und mit dem klaren Ziel, eindeutige Verantwortlichkeiten ebenso zu
ermöglichen wie wirkungsvolle Aufsicht und Kontrollen. Dass die
Organspende gerade zu einem Zeitpunkt in Verruf gerät, an dem die
Spendebereitschaft im Interesse der Leidenden massiv gefördert werden
sollte, ist bitter. Umso mehr Anlass für Politik und Medizin, an
einem Strang zu ziehen, statt sich in institutionelle Konflikte zu
verirren.

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