Allg. Zeitung Mainz: Schiefgelaufen / Christian Matz zuÖzil

Die Frage ist berechtigt: Was hat es die
Öffentlichkeit zu interessieren, wen ein Ex-Fußballnationalspieler zu
seiner Hochzeit einlädt? Es hat sie zu interessieren, weil diese
Frage im Fall Mesut Özils über das Private hinausgeht und eine
politische, gesellschaftliche Dimension hat. Denn Özil steht für
viele junge Deutsche mit ausländischen Wurzeln, bei denen man
erwartet hat, dass sie besser integriert sind als ihre Eltern oder
Großeltern, weil sie hier aufgewachsen sind;und er ist inzwischen das
prominenteste Beispiel dafür, dass bei dieser Integration etwas
schief gelaufen ist. Anders ist die Unterstützung für Recep Tayyip
Erdogan, der sein Land autokratisch führt und Kritiker ins Gefängnis
werfen lässt, nicht zu erklären. Immerhin hat Özil so die letzten
Zweifel, ob er bei dem gemeinsamen Foto im vergangenen Jahr nicht
doch einem PR-Coup auf den Leim gegangen ist, beantwortet. Özil will
und sucht die Nähe zu Erdogan. Aber, großes Aber: Auch wenn man Özil
kritisiert, darf man nicht umgekehrt jenen auf den Leim gehen, die
ihn am liebsten ausbürgern würden und die Stimmung machen gegen
Menschen, die sich wie Özil unterschiedlichen Heimatländern und
Kulturen verbunden fühlen. Integration heißt nämlich nicht, diese
Wurzeln zu verleugnen; Özils Familie kommt aus der Türkei, dies gilt
es zu respektieren. Integration bedeutet vielmehr (unter anderem),
sich an die Spielregeln zu halten, die in Deutschland gelten. Wer
einen Machthaber wie Erdogan unterstützt, missachtet diese Regeln.
Dies muss man klar sagen, und es ist völlig egal, welchen Pass der
Kritisierte hat oder woher seine Familie stammt.

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