Bayern macht Ernst: Die Landesregierung unter
Führung von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) beschloss am
Dienstag, vor dem Bundesverfassungsgericht Klage gegen den
Länderfinanzausgleich einzureichen. Lange Zeit hat Bayern –
unterstützt von zwei anderen Geberländern Baden-Württemberg und
Hessen – mit einem solchen Schritt gedroht, nun also wird die Klage
eingereicht. Das sollte, das muss man ernst nehmen. Fast alle
Kritiker dieser Entscheidung waren sich am Dienstag einig, dass
Seehofer & Co dies nur wegen der bayerischen Landtagswahl im nächsten
Jahr beschlossen hätte. Da mag auch was dran sein, denn die
Umfragewerte für Seehofer und für die CSU sind schlecht. Seehofer
muss mit Stimmenverlusten rechnen, da tut er alles, um als starker
Mann und Macher zu gelten. Siehe den Streit über das von der CSU
geforderte Betreuungsgeld, die anhaltenden Drohungen gegenüber der
schwarz-gelben Koalition in Berlin, diese platzen zu lassen, oder
jetzt die Klage gegen den Länderfinanzausgleich. So will Seehofer
beim Wähler im eigenen Land Eindruck machen. Ob ihm das gelingen
wird, wird sich erst nach der Wahl im September 2013 zeigen. Doch die
Verfassungsklage sollte keiner zu leicht nehmen, denn die Fakten sind
auch für die Nicht-Finanzpolitiker beeindruckend: Im vergangenen Jahr
wurden in Deutschland zwischen den reichen und den armen
Bundesländern – also zwischen Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und
Hamburg auf der einen Seite und allen anderen Bundesländern auf der
anderen Seite – insgesamt 7,3 Milliarden Euro umverteilt. Allein
Bayern musste 3,66 Milliarden Euro aufbringen. Und Berlin, das
überschuldete Land Berlin, erhielt aus diesem Topf dann mehr als drei
Milliarden Euro – als größter Empfänger unter den Nehmerländern.
Daraus jedoch ergeben sich viele Fragen: Bayern leistet sich keine
drei kostenfreie Kita-Jahre, Berlin dagegen schon. In Bayern gibt es
keine zusätzlichen Leistungen für Hartz-IV-Empfänger wie etwa den
Berlinpass, mit dem Erwerbslose vergünstigt in Theater kommen. Wir
dagegen haben drei Opernhäuser, der Senat kauft gerade mit viel
öffentlichem Geld die Anteile an den Wasserbetrieben zurück, auch in
der Wohnungspolitik wird auf Mieteinnahmen verzichtet. Politisch ist
all dies gewollt, aber ohne die Hilfe der anderen Bundesländer ginge
es wohl nicht. Müssen also die reichen Länder die Wohltaten in den
armen Ländern mitfinanzieren? Eine Frage, die ein
Bundesverfassungsgericht angesichts solcher Fakten vielleicht anders
sieht als noch 1999, als es auch zum Finanzausgleich urteilte. Der
Berliner Senat erklärte am Dienstag, man stehe der Verfassungsklage
gelassen gegenüber. Vielleicht wäre es besser, wenn die politisch
Verantwortlichen gemeinsam mit den Vertretern aller Bundesländer
schleunigst nach einer besseren Lösung für und zwischen den Ländern
arbeiten würden. Denn 2019, da läuft der Länderfinanzausgleich in der
jetzigen Form spätestens aus. Ganz unabhängig von der Klage.
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