Die Serie von Autobrandstiftungen in der deutschen
Hauptstadt erreicht eine neue Qualität. In der Vergangenheit wurden
in der Regel Autos in den Szenekiezen, in Kreuzberg, Friedrichshain
und Mitte angezündet. Doch seit einigen Wochen hat sich die Situation
schlagartig geändert. Nun brennen Autos vor allem in den bürgerlichen
Stadtteilen, in Dahlem, in Westend und in Steglitz. Und wenn Feuer
gelegt wird, dann brennt häufig gleich eine Vielzahl von teuren
Wagen, die in einer Straße geparkt sind. So wie auch in der Nacht zu
Dienstag, als in Charlottenburg gleich elf Autos angezündet und
sieben weitere Pkw sowie ein Motorroller und ein Fahrrad in
Mitleidenschaft gezogen wurden. Das Ausmaß der Brandstiftungen ist
erschreckend. Seit gestern gibt es zwar Überlegungen, eine Belohnung
auszuloben. Aber reicht das? Nein. Es verwundet schon sehr, dass der
rot-rote Senat sich bisher so auffallend ruhig verhält. Erinnern Sie
sich noch? Als es eine Reihe von gewalttätigen Übergriffen in der
U-Bahn gab, rief der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD)
einen Gipfel ein, zu dem er die Polizei, die BVG und seine
zuständigen Senatoren lud. Hatte es jahrelang geheißen, gegen solche
plötzlichen Ausbrüche von Gewalt im öffentlichen Nahverkehr ist die
Politik hilflos, lautete die Botschaft danach: Die Polizei bekommt
200 zusätzliche Beamte. Bis die ausgebildet sind, soll die
Einsatzhundertschaft durch Streifengänge für mehr Sicherheit im
öffentlichen Nahverkehr sorgen. Wowereit hatte damit ein für den
Wahlkampf gefährliches Thema abgeräumt. Bei den brennenden Autos
scheint das anders zu sein. Da zuckt man bei den zuständigen Stellen
hilflos mit den Achseln. Wie soll die Polizei ein so großes
Stadtgebiet wie Berlin bewachen? Wie soll man Täter fassen, von denen
man keine Ahnung hat, wer sie sind? Die Hilflosigkeit von Polizei und
Politik gipfelte in der Aussage des ehemaligen Polizeichefs Dieter
Glietsch, der Porschefahrern empfahl, ihr Auto doch nicht in
Kreuzberg auf der Straße zu parken. Doch jetzt brennen auch die
teuren Autos in den bürgerlichen Vierteln. Sollten Porschefahrer nun
um ganz Berlin einen Bogen machen? Der Rechtsstaat macht sich
lächerlich mit solchen Empfehlungen. Natürlich ist es schwer,
Brandstifter in einer Millionenstadt auf frischer Tat zu stellen.
Gerade auch, wenn ihr Handwerkszeug einfache Grillanzünder und ein
Feuerzeug sind. Aber die Polizei darf bei der Bekämpfung der
Kriminalität nicht alleingelassen werden. Die Politik müsste wie bei
der Gewalt in der U-Bahn klare Zeichen setzen, dass die Beschädigung
von Eigentum anderer Menschen kein Kavaliersdelikt ist. Was fehlt,
ist eine öffentliche Empörung. Es gibt Reaktionen, die man als Bürger
nicht mehr hören kann. In Berlin lautete sie so: In der Nacht
brannten wieder Autos. Ein politisches Motiv kann nicht
ausgeschlossen werden. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen
übernommen. Es wäre schön, wenn Senat und Polizei endlich auch mal
Ermittlungsergebnisse präsentieren würden.
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